Sonntag, 28. Februar 2016

Thabo, Detektiv und Gentleman - Der Nashorn-Fall von Kirsten Boie

 http://www.blickinsbuch.de/book/bjLSjpvTBa

    Erscheinungsdatum: 22.02.2016
    Verlag: Oetinger 
    ISBN: 9783789120336
    Fester Einband: 304 Seiten

    Meine Bewertung: 5 von 5 Punkten 

Was möchte ich werden, wenn ich groß bin? Thabo schwankt noch, Gentleman oder doch lieber Detektiv, am besten beides. Im afrikanischen Örtchen Hlatikulu ist beides schwer zu realisieren. Doch dann entdeckt Thabo zusammen mit einer Safarigruppe ein getötetes Nashorn, dessen Horn gestohlen wurde. Unglücklicherweise wird Vusi, Thabos Onkel, als vermeintlicher Täter verhaftet. Wenn das kein Fall für den angehenden Detektiv ist. Zusammen mit seinen Freunden Sifiso und Emma macht sich Thabo auf die Suche nach dem wahren Täter.


Kirsten Boie hat mit ihrem aus vielen Büchern bekannten Schreibstil wieder ein besonderes Kinderbuch geschaffen. Zum ersten Mal spielt die Handlung in Afrika. In einem der ärmsten Länder, mit einer unvorstellbar hohen Anzahl an Waisen, in Swasiland. Doch anstatt mit düsteren Farben das Schicksal der Kinder zu erzählen, zeichnet die Autorin ein buntes, lebendiges Bild ohne die Dinge zu beschönigen. Die Mischung aus lehrreichen Informationen, spannender Handlung und Humor ist gelungen. Das empfohlene Lesealter liegt bei 10 bis 12 Jahren. Eine Karte zu Beginn zeigt, an welchen Orten die Handlung spielt und am Ende des Buches findet sich ein Glossar mit afrikanischen Begriffen, die innerhalb der Geschichte verwendet werden.

Thabo, der Erzähler, redet seine Leser immer sehr freundlich mit "Meine Damen und Herren" direkt an, was für meinen Sohn erst einmal ungewöhnlich und gewöhnungsbedürftig war. Aber schließlich möchte Thabo einmal Gentleman werden und da gehört es sich, seine Leser höflich anzureden. Gelernt hat er seine vorbildlichen Umgangsformen von Miss Agatha, einer sympathischen, älteren englischen Lady, die in Hlatikulu lebt. Zusammen mit ihr schaut er leidenschaftlich gern Miss Marple Filme, was seine Berufswahl Detektiv erklärt.

Thabos bester Freund ist Sifiso, genauso wie Thabo ein Waisenjunge, der aber allein mit seinen Geschwistern lebt, für die er verantwortlich ist. Durch Sifiso und seine Geschwister lernt man viel über die Lebensweise der afrikanischen Kinder, die so unterschiedlich zu den europäischen Kindern ist. Durch den humorvollen Schreibstil und die liebenswerten Charaktere der Kinder, die man einfach gern haben muss, erleben die jungen Leser eine neue Welt. Als Erwachsener muss man schon öfter innehalten und fühlt sich betroffen, wenn beschrieben wird, mit wie wenig Essen die Kinder auskommen müssen, dass sie tatsächlich allein auf sich gestellt sind und wie wichtig der große Bruder (ca. 10 Jahre alt) ist.


"Wir Kinder dürfen die Gäste freundilch grüßen. Aber wir dürfen ihnen nicht im Wege sein. Sie sind nicht gekommen, um sich Kinder anzusehen, sie sind gekommen, um sich Löwen anzusehen."

Spannend geht es zu, wenn Thabo zusammen mit seinen Freunden auf Nashornmörderjagd geht. Ein potentieller Täter ist schnell ausgemacht, nur die Beweise fehlen noch. Mit viel trickreichen Ideen versuchen die Kinder den Täter dingfest zu machen. Doch so einfach, wie es anfänglich scheint, ist es nicht.

Unserer Familie hat dieser Kinderkrimi sehr gut gefallen, weil er uns nicht nur spannend unterhalten hat, sondern auch das afrikanische Leben kindgerecht näher erklärt hat.

Auf den zweiten Fall für Detektiv Thabo "Die Krokodil-Spur" sind wir schon sehr gespannt.

Samstag, 27. Februar 2016

Moorfeuer von Nicole Neubauer



    Erscheinungsdatum: 18.01.2016
    Verlag: Blanvalet Taschenbuch Verlag 
    ISBN: 9783734102127
    Flexibler Einband: 416 Seiten

    Meine Bewertung: 4 von 5 Punkten 

Begeistert ist das Team der Münchner Mordkommission nicht, dass die örtliche Kripo sie zur Klärung eines Todesfalls im Moor hinzuzieht. Schon bei der Tatortbesichtigung, an der die verbrannte Frauenleiche gefunden wurde, kommt es zu Spannungen zwischen den Ermittlern. Die wenig mitteilsame Tochter der Toten und das Schweigen über die Vergangenheit der Familie, lassen sie schnell verdächtig erscheinen. Doch noch fehlt das Motiv, warum Eva Nell sterben musste.


Nicole Neubauer hat einen flüssigen, bildhaften Schreibstil. Da ich den ersten Band "Kellerkind" rund um Hauptkommissar Waechter nicht kannte, hatte ich anfänglich Probleme mit den schnell aufeinander erscheinenden Figuren und deren Zuständigkeiten. Besonders der "Hüter des Schweigens" gab mir einige Rätsel auf, die sich glücklicherweise im laufe der Handlung lösten.

Die Schilderung der düsteren Landschaft des Moores und die verschlossene, misstrauische Landbevölkerung haben mir besonders gefallen.

Gleich zu Beginn der Handlung merkt man, dass es sich hier um keinen leichten Fall handelt. Besonders mystisch wird das scheinbar lebendige Bauernhaus beschrieben, in der die Tote sich zuletzt aufgehalten hat. Es seufzt, knarrt und selbst ein Geist eines Mädchens soll durch das Haus wandern.

Die besonderen Charaktere dieser Geschichte treten sehr in den Vordergrund. Einzelkämpfer Waechter lebt privat am Rande der Verwahrlosung und hofft, dass er seine Fassade gegenüber den Kollegen weiter aufrechterhalten kann. Hannes verschließt vor seinen privaten Problemen die Augen und reagiert teilweise übersinnlich auf Dinge. Und auch Maret, die Tochter der Toten agiert übertrieben empfindlich und dann wieder abweisend, man bekommt sie einfach nicht zu fassen.

Verbotener Weise durchforstet Waechter per "U-Boot-Taktik" weiter die Vergangenheit der Bauernhausfamilie. Besonders diese Verknüpfung der historischen Fakten aus der Nachkriegszeit, dem damaligen Aberglauben der Bevölkerung und der heutigen Sichtweise darauf ergeben eine spannende Mischung.

Auch wenn es keinen durchgehenden Spannungsbogen gibt, wird man am Ende durch ein dramatisch unvorhersehbares Finale entschädigt.

Mir hat dieser gekonnt inszenierte Krimi mit schwierigen Charakteren, bedrückender Landschaft und mystischer Vergangenheit gefallen.



Freitag, 26. Februar 2016

Hamish und die Weltstopper von Danny Wallace



    Erscheinungsdatum: 31.08.2015
    Verlag: Heyne HC 
    ISBN: 9783453270077
    Fester Einband: 352 Seiten

    Meine Bewertung: 5 von 5 Punkten 

Was für ein Schreck, plötzlich bleibt die Welt um den zehnjährigen Hamish stehen. Wie eingefroren stehen die Menschen, Vögel hängen am Himmel und kein Laut ist zu hören. Der anfängliche Spaß, endlich tun und lassen zu können was man möchte, wie hemmungslos Süßigkeiten naschen und mit der Vespa durch den Ort zu knattern, endet schnell. Denn furchterregende, stinkende Monster ziehen während der Pausen durch die Kleinstadt Starkley. Die Weltstopper haben einen furchtbaren Plan, der nur durch mutige Kinder verhindert werden kann.


Danny Wallace hat eine abenteuerliche, spannende Kindergeschichte geschrieben, die auch Erwachsene begeistern kann. Empfohlen ist es für Leser ab 10 Jahren. Selbstleser kommen hier voll auf ihre Kosten. Nicht nur der unterhaltsame, fesselnde Schreibstil, sondern auch die tollen Illustrationen im Comicstil von Jamie Littler können begeistern. Ein richtiger Hingucker sind die beidseitig laufenden Daumenkinos, die die Seitenzahlen begleiten. Was es damit sich auf sich hat, wird hier nicht verraten.

Hamish wirkt sofort sympathisch. Man kann sich gut in ihn hineinversetzen. Eigentlich ist er ein ganz normaler Junge, der Probleme in der Schule hat, von Mitschülern drangsaliert wird und seinen verschwundenen Vater vermisst. Ungewollt gerät er in eine außergewöhnliche Situation. Warum bleibt alles um ihn herum stehen und nur er kann sich bewegen? Die Beschreibungen wirken so lebendig und glaubhaft, dass man sich tatsächlich das Unfassbarste vorstellen kann.

In die Rolle des Retters schlüpft er nur zögerlich, dabei darf er sich auch etwas unbeholfen und albern benehmen. Die Veränderungen, die mit den Erwachsenen geschehen, werden nur andeutungsweise erwähnt. Man ahnt aber, dass Hamish nicht mehr viel Zeit bleibt, um die Monster von ihrem Plan abzubringen. Zum Glück bleibt er nicht das einzige Kind, dass sich in den Pausen bewegen kann.

Von der rasanten Geschichte mit vielen spannenden Actionszenen und humorvollen Elementen ist unsere ganze Familie begeistert. Wir haben den Atem angehalten, als ein Monster durch das Schlafzimmerfenster blickt und uns dann wieder kringelig gelacht ...

Eine gelungene Mischung die richtig viel Spaß macht und auf eine baldige Forsetzung hoffen läßt.





Sonntag, 21. Februar 2016

Der Bund der Zwölf von Miriam Pharo

https://www.neobooks.com/ebooks/miriam-pharo-der-bund-der-zwolf-ebook-neobooks-AVIxPEQAtJVf5Vxhoo9Z

    Erscheinungsdatum: 12.01.2016
    Verlag: neobooks 
    ISBN: 9783738054538
    ebook: 290 Seiten

    Meine Bewertung: 4,5 von 5 Punkten 

Eine unheimliche Krankheit versetzt Paris im Jahre 1926 in Angst und Schrecken. Die Methusalem-Seuche grassiert ausgerechnet in der gehobenen Gesellschaft und lässt ihre Opfer qualvoll sterben. Niemand fühlt sich mehr sicher und meidet öffentliche Orte. Nachtklubbesitzer Vincent Lefèvre steht kurz vorm Bankrott durch weniger Einnahmen. Auf die Ermittlungen der Polizei kann und will er nicht warten. Zusammen mit Klubmitbesitzerin Magali stellt er Nachforschungen an, die überraschend zum Orchester "Philharmonie der zwei Welten" führen.



Miriam Pharo entführt den Leser in das glamouröse Paris der 20er Jahre. Der bildhafte und gefühlvolle Schreibstil macht es dem Leser leicht, in die Geschichte einzutauchen. Man fühlt die besondere Stimmung und erlebt das schwungvolle Pariser Nachtleben mit all seinen Licht- und Schattenseiten. Verschiedene Handlungs- und Zeitebenen nähern sich langsam gekonnt einander an.

Der Klubbesitzer und Lebemann Vincent Lefèvre scheint das Leben zu genießen und sich wenig Gedanken über die Zukunft zu machen. Doch hinter der lockeren Fassade verbirgt sich ein sympathischer, starker und gefühlvoller Mann. Er betreibt zusammen mit Magali den Klub. Die junge Frau ist für die 20er Jahre überraschend selbstbewusst und widersetzt sich allen Konventionen. Es macht Spaß mit den beiden auf Ermittlungstour zu gehen.

Parallel dazu lernt man das Orchester "Philharmonie der zwei Welten" kennen. Maestro Menotti verpflichtet nur die besten Künstler für sein Orchester. In der kleinen stummen Anna findet er ein neues Mitglied. Die anfängliche Freude über ihre magische Klarinette hält nicht lange an, denn immer mehr wird das Spiel zur körperlichen Tortur.

Die sprachliche Umsetzung der musikalischen Eindrücke ist der Autorin besonders gut gelungen. Man fühlt sich in den Opernsaal versetzt und spürt tatsächlich die Magie der Musik. Die Vorstellung zeigt eindrucksvoll wie berauschend und gefährlich das Orchester auf seine Zuschauer wirkt:

"Wie eine riesige Spinne hockt der Konzertmeister über dem Pult und zieht die Fäden. Der sanfte Dialog zwischen Klarinette und Violine entwickelt sich zu einem wilden Gezeter. Die Celli triefen vor Gier, Bosheit liegt in der Luft. Eine einzelne Träne rinnt Annas Wange herunter."

Besonderes Flair erhält der Roman durch die Verbindung von wahren Personen (Fakir Fhakya-Khan und Sängerin Mistinguett), Orten (Pariser Katakomben) und magisch geheimnisvollen Elementen.

Selbst Nebendarsteller erhalten eigene kleine Geschichten, die sie sehr sympathisch machen. Kioskbesitzer Bébère ist ein geheimnisvoller, hilfsbereiter Mann. Ich mag tolle Nebenfiguren, die manchmal den Hauptakteuren die Show stehlen. In jedem Märchen gibt es eine gute Fee - hier in Gestalt von Bébère.

Auch wenn ein berührendes Wohlfühlende diese geheimnisvolle Geschichte abrundet, möchte man am liebsten noch länger verweilen.



Hier geht es zur Autorinnenseite: http://miriam-pharo.com/



Freitag, 19. Februar 2016

Isarlauf von Bettina Plecher




    Erscheinungsdatum: 22.01.2016
    Verlag: Rowohlt Taschenbuch 
    ISBN: 9783499270673
    Flexibler Einband: 288 Seiten

    Meine Bewertung: 5 von 5 Punkten 

Während eines Marathons im Münchener Olympiapark bricht ein Läufer zusammen und stirbt kurze Zeit später. Nasrin, die Schwester des Toten ist mit der jungen Ärztin Frieda May befreundet und bittet sie, den Tod aufzuklären. Kollege und Mitbewohner von Frieda, der Toxikologe Quirin Quast findet Spuren von verschiedenen Medikamenten im Blut des Toten. Als Psychiater hätte der Tote die Gefahren eines solchen Medikamenten-Cocktails erkannt. Quast vermutet: Giftmord. Haben die unheimlichen Fotos von schlafenden Frauen etwas damit zu tun, die Nasrin in der Wohnung ihres Bruders findet? Zusammen mit Frieda fängt Quast an zu ermitteln.


Bettina Plecher lässt das ungewöhnliche Ermittlerduo Quirin Quast und Frieda May im zweiten Fall wieder rund um München ermitteln. Mit einem Hauch Lokalkolorit, einer Prise Humor und viel Charme begleitet man das Duo bei ihren Ermittlungen. Das Tempo ist gemächlich. Die Autorin legt viel Wert auf detaillierte Beschreibungen, die ein klares Bild von der Umgebung zeichnen. Man kann sich die unangenehme Atmosphäre in der Rechtsmedizin oder die Pilzexkursion im Wald gut vorstellen. Aufgelockert wird die Handlung durch Quasts unvergleichlich trockenen Humor, der seine Mitbewohnerin Frieda manchmal auf die Palme bringt.


"Seiner Erfahrung nach wurden aus Haifischen keine Delfine, nur weil man sie fütterte."

Neben den beiden Hauptakteuren, die durch ihre einfach liebenswerte und natürliche Art den Leser für sich gewinnen können, gibt es eine Vielzahl von überzeugend beschriebenen Nebendarstellern, die einfach Spaß machen. Wilhelmine Ungefähr ist Leitern des Frauenclubs Athena, in dem auch Nasrin Mitglied ist. Man hat bei ihrer Beschreibung das Gefühl eine Walküre, mit unheimlicher Präsenz vor sich zu sehen.

Mit viel Geschick wird der Leser hinsichtlich des Tatmotivs in die Irre geführt. Mal verdächtigt man eine zurückgewiesene Geliebte, dann die Opfer auf den geheimnisvollen Bildern. Wer ist in der Lage einen tödlichen Medikamentencocktail in die Trinkflasche des Psychiaters zu schmuggeln?

Medizinisch psychiatrische Fakten sorgen für einen zusätzlichen Überraschungseffekt. Bis zum rasant ansteigenden Ende hat man den Täter nicht entlarvt.

Bis auf den letzten Abschnitt "Sechs Monate später", der mir zu viel "Alle-haben-sich-lieb- Gefühl" vermittelt, finde ich den Krimi sehr stimmig, spannend und durch die vielen Hintergrundinformationen zum Thema, sehr interessant.
Das leichter Britzeln zwischen Quast und Frieda verspricht eine interessante Fortsetzung und lässt auf einen neuen Fall für die beiden hoffen.



Hier geht es zur Autorinnenseite: http://bettina-plecher.de/

Sonntag, 14. Februar 2016

Schrank am Strand von Heike Karen Gürtler

http://www.amazon.de/Heike-Karen-G%C3%BCrtler/e/B018U31CFU
    Erscheinungsdatum: 12.01.2016
    Verlag: Amazon Publishing 
    ISBN: 9781503933187
    Flexibler Einband: 230 Seiten

    Meine Bewertung: 3,5 von 5 Punkten 

Wie so oft findet Lena auf einer Nordseeinsel Ruhe vom Alltag. Doch auch in ihrem Lieblingsferienhaus überfallen sie Panikattacken, die mit viel Energie bekämpft werden müssen. Überraschende Hilfe findet sie von einem kleinen Jungen, der in ihrem Garten auftaucht und sie wortlos zu verstehen scheint. Bei langen Strandspaziergängen findet sie eine Flaschenpost, dessen Brief nur an sie gerichtet zu sein scheint. Ein emotionaler Briefwechsel über die Flasche begleitet ihre Ferientage. Doch irgendwann ist jeder Urlaub einmal zu Ende.


Heike Karen Gürtler hat für mich keinen Roman im eigentlichen Sinn geschrieben. Vielmehr hatte ich das Gefühl Lenas Therapietagebuch zu lesen. Fast alle Kapitel beginnen mit "Am nächsten Morgen", und werden von Lena erzählt. Der Schreibstil erweckt eine melancholisch poetische Stimmung. Besonders die ruhigen Momente am Strand werden sehr bildlich und gefühlvoll beschrieben.

Hauptprotagonistin Lena kämpft tagtäglich mit ihren Angst- und Panikattacken. Gleichbleibende Rituale scheinen ihr Halt zu geben, das findet sich in der Beschreibung von immer wiederkehrenden Situationen. Sie braucht Platz zum Atmen, den ihr der Alltag nicht immer bietet. Ein harmloser Einkauf im Inselsupermarkt wird zur Tortur, der Lena alle Energie raubt.

Eine wirkliche Romanhandlung gibt es nicht. Vielmehr begleitet man Lena, teilt Begegnungen mit einem blassen Jungen und einem alten Mann, die für sie sehr wichtig werden. Der Briefwechsel per Strand-Flaschenpost läßt den Leser in Lenas Gedankenwelt eintauchen:


"... ich habe vor kurzem einen menschen getroffen, der eine tiefe spur in mir hinterlassen hat. ich weiß eigentlich nichts über ihn, nicht einmal, ob er real ist."

Doch schnell stellt sich die Frage: Was ist wirklich und was entspringt nur ihrer Fantasie.

Mich haben einige Szenen im Buch fragend zurückgelassen. Vielleicht liegt es daran, dass ich selbst keinerlei Erfahrung mit Angststörungen habe. Das Zurechtfinden in Lenas verschiedenen Daseinsformen hat mir große Probleme bereitet.

Für mich war es eine Erfahrung zu erleben, was es bedeutet, in ständiger Angst vor der nächsten Panikattacke zu leben. Wie schwer es ist, das Leben zu organisieren und zu überleben. Mit dem Ende konnte ich aber leider so gar nichts anfangen.

Eine Bewertung ist mir nicht leicht gefallen. Für einen Roman kann ich leider nur 3 Sterne geben. Für den Mut, sich einem so schwierigen Thema zu stellen, habe ich aber großen Respekt.

Freitag, 5. Februar 2016

Mittwoch, 3. Februar 2016

Die Akademiemorde von Martin Olczak




    Aktuelle Ausgabe: 08.02.2016
    Verlag: btb Verlag (TB) 
    ISBN: 9783442713653
    Flexibler Einband: 480 Seiten

    Meine Bewertung: 5 von 5 Punkten 

Ein angesehenes Mitglied der Schwedischen Akademie wird mit einem altertümlichen Schwarzpulverrevolver in einem Stockholmer Park ermordet. Bereits am nächsten Tag werden auf die gleiche Weise weitere Akademiemitglieder, die für die Vergabe des Literaturnobelpreises verantwortlich sind, getötet. Die Polizei steht vor einem Rätsel und muss sich vor der Weltpresse verantworten. Doch interne Querelen um Zuständigkeiten erschweren die Ermittlungen. Claudia Rodriguez von der Zentralen Mordkommission ermittelt zusammen mit Buchantiquar Leo Dorfmann auf eigene Faust.


Martin Olczak Martin Olczak kann mit seinem rasanten und spannenden Schreibstil begeistern. Kaum zu glauben, dass dies sein erster Roman für Erwachsene ist. Sehr genau wird auf das kleinste Detail geachtet. Man kommt dem Mörder sehr nah ohne eine Ahnung zu haben, wer dieser skrupellose Mensch sein könnte und was ihn antreibt. Alles dreht sich um den alljährlich ausgelobten Literaturnobelpreis. Auf die Preisträger wird mit Vergabejahr und Akademiebegründung zwischen den Kapiteln hingewiesen. Besonders die Beschreibung der Arbeit der Akademiemitglieder ist sehr interessant und wird mit in die Handlung eingeflochten. Man erfährt viele Details rund um die Vergabe des Literaturnobelpreises über Jahrzehnte hinweg.

Durch die hohe Anzahl der Morde und die Brisanz, die durch den elitären Kreis der Mordopfer entsteht, hat die Polizei alle Hände voll zu tun. Doch anstatt sich mit voller Energie in die Ermittlungen zu werfen, streiten sich die Vorgesetzten um Zuständigkeiten. Denn hier wird über Sieg oder Niederlage auf hohem Posten entschieden. Zwischen die bereits verhärteten Fronten gerät die eigensinnige Ermittlerin Claudia. Anstatt ihr für wichtige Hinweise zu danken, wird sie von den Ermittlungen ausgeschlossen. Was sie nicht davon abhält, weiter nach der Spur des Mörders zu suchen.

Die charakterstarken Figuren wirken glaubhaft und lebendig. Besonders der etwas weltfremde bücherliebende Antiquar Leo hat mich angesprochen. Seine Leidenschaft für Literatur und sein großes Wissen sind besonders wichtig für die Spurensuche.


"Er nahme eine Leselampe aus der Vitrine. Dann setzte er sich in einen Sessel und blätterte vorsichtig, las die Notizen, die seit mehr als einem Jahrhundert in dem Marokkineinband geheim gehalten worden waren."

Lange vergessene Gefühle zwischen den Protagonisten blitzen immer wieder auf, zeigen wie wichtig sie füreinander waren. Doch im Vordergrund steht die Jagd nach dem Mörder, der scheinbar alle Akademiemitglieder auszulöschen droht.

Auch wenn am Ende das Motiv nur schwer nachvollziehbar ist, hat dieser Krimi mich sehr gut unterhalten. Das Tempo ist rasant und der Spannungsbogen sehr hoch. Für Bücherliebhaber ein tolles Krimithema, das fesselnd umgesetzt wurde.


Montag, 1. Februar 2016

Sörensen hat Angst von Sven Stricker




    Erscheinungsdatum: 18.12.2015
    Verlag: Rowohlt Taschenbuch 
    ISBN: 9783499271182
    Flexibler Einband: 352 Seiten

    Meine Bewertung: 4,5 von 5 Punkten 

Eigentlich will Kriminalhauptkommissar Sörensen im kleinstädtischen Katenbüll beruflich eine ruhige Kugel schieben und seine Angststörungen hinter sich lassen. Aber kaum hat er seine Sachen in Hamburg gepackt, beginnt sein erster Arbeitstag in Nordfriesland mit dem Mord am Bürgermeister. Nicht nur das graue, regnerische Wetter scheint sich gegen ihn zu wenden, sondern auch die Katenbüller, die abweisend und wenig auskunftsfreudig reagieren. Zusammen mit seiner kleinen unerfahrenen Mitarbeitertruppe stochert Sörensen im Dunklen.


Sven Stricker hat einen flüssigen Schreibstil, der gekonnt das düstere, unfreundliche Katenbüll vor dem Leser ausbreitet. Dabei darf eine Prise trockener Humor nicht fehlen. Schon nach wenigen Seiten fragt man sich, wie man dort nur leben kann. Über allem herrscht die Fleichfabrik "Fleischeslust", die nicht nur politischen Einfluss nimmt. Die verstörend stumme Gemeinschaft der Einheimischen ist schwer zu durchdringen. Man spürt, dass es hier um mehr geht, als nur um einen Mord.

Die Schilderung der verschiedenen Charaktere ist sehr lebendig und schockierend zugleich. Ob es die verwahrloste Ehefrau des Bürgermeisters ist, der ehemalige Kurdirektor, der von seinen Freunden gesellschaftlich vernichtet wurde oder der junge Ole, der möglichst weit weg von Katenbüll will. Man kann sie sich allzugut vorstellen und ist berührt von so viel Tragik.

In diesem Tal der Düsternis landet Kommissar Sörensen mit seiner ausgeprägten Angststörung. Schon die Begrüßung seiner neuen Kollegen hat er nur mit Anstrengung gemeistert. Die anstehende Mordermittlung scheint ein unüberwindbares Hindernis darzustellen.


"Sein Brustkorb hatte sich in gewohnter Weise verengt, wodurch eine körperliche Kettenreaktion in Gang gekommen war, an deren Ende die Beine zitterten, Schweißperlen die Stirn verzierten und die Fingerspitzen brannten, als hätte jemand die bloßen Nervenenden berührt. "

Doch Sörensen kämpft, nicht nur gegen sich selbst und seine Ängste, sondern auch gegen Vorurteile und Emotionen an. Das macht ihn so sympathisch, natürlich und glaubhaft.

Als ein weiterer Mord geschieht, überschlagen sich die Ereignisse und lange verschwiegene ungeheuerliche Geheimnisse werden offenbar.

Mich hat dieser spannende ungewöhnliche Krimi sehr angesprochen und betroffen gemacht. Hier wird nichts geschönt oder überdramatisiert. Wer weiß schon, welche Geheimnisse hinter Nachbarstüren lauern.