Donnerstag, 26. August 2021

Unter Freunden von Cynthia D'Aprix Sweeney

Erscheinungsdatum: 24.07.2021    
Verlag:
Klett-Cotta Verlag
ISBN:
9783608984484
Fester Einband
Seiten:
352
  
Leseprobe


Meine Bewertung:
 2,5 von 5 Punkten 






Inhalt: Flora und Julian sind Schauspieler aus Leidenschaft. Genauso leidenschaftlich und temperamentvoll gestaltet sich ihre Ehe, bis Tochter Ruby geboren wird und sie von New York nach Los Angeles umziehen. Über die Jahre wird ihr Leben ruhiger und organisierter, dann findet Flora den vor langer Zeit verlorenen Ehering ihres Mannes in der eigenen Garage. Zweifel an ihrer glücklichen Vergangenheit ziehen auf und ihre beste Freundin Margot kann ihr diesmal nicht zur Seite stehen. Ist ihr Vertrauen in Julian stärker als ihr Misstrauen?

Cynthia D'Aprix Sweeney setzt ein leider viel zu oft im Leben stattfindendes Thema unterhaltsam, aber mit emotionalen Rissen in Szene. Eine in die Jahre gekommene Ehe, von der man ausgeht, dass sie immer noch glücklich ist. Das Vorzeigeehepaar Flora und Julian, deren Freunde alle behaupten, sie seien ein Traumpaar, hat zwar auch ihre Höhen und Tiefen, doch sie scheinen tatsächlich glücklich zu sein. Bis das Misstrauen erwacht, als Flora den lang verloren gegangenen Ehering ihres Mannes findet. Warum hat er behauptet, er sei in einem See abhandengekommen, wo er doch sicher verwahrt in einem Umschlag in der Garage liegt? 

Flora fühlte sich sicher und glücklich und erst der Ring weckt Fragen in ihr. Rückblickend erfährt man mehr über die Vergangenheit des Paares. Ihr Zueinanderfinden, die unbeschwerte Zweisamkeit und neue Freunde, die ihre langjährigen Weggefährten und eine Art Ersatzfamilie werden. 

Besonders das Leben als SchauspielerIn wird anhand von Julian und Floras Freundin Margot anschaulich beschrieben. Das Auf und Ab in der glitzernden Filmwelt, die Abhängigkeit von Erfolgen und der Umgang mit Misserfolgen. Der Blick hinter die Kulissen ist nicht neu, beschreibt aber eindringlich, mit welchen Problemen PartnerInnen erfolgreicher Menschen zu leben haben. 

Für mich blieb der Roman zu sehr an der Oberfläche und setzte falsche Schwerpunkte. Eine Frau, die nach zwanzig Jahren Ehe an der Treue ihres Ehemannes zweifelt, muss doch innerlich brodeln vor Angst und Unsicherheit. Wie stark ist die einstige Liebe und das in den Ehemann gesetzte Vertrauen. Der Rückblick auf das gemeinsame Leben kostet Kraft und verlangt eine Entscheidung, die man vielleicht schon längst in sich trägt.

 "Vergebung steigt nicht auf Feenflügeln aus dem Himmel zu dir herab, damit du Ja oder Nein sagen kannst. Vergebung ist Arbeit."

Teilweise wurden Nebenschauplätze eröffnet, die den Spannungsbogen unterbrachen und nichts zur Handlung beitrugen, wie die verwöhnte achtzehnjährige Tochter des Paares, die eher nervig als interessant war. 

Ich hatte eine leichte, unterhaltsame Urlaubslektüre erwartet. Mich hat der Roman nicht unterhalten, sondern ungehalten zurückgelassen. Floras Unentschlossenheit und ihre Abhängigkeit von Mann und Freundin hat mich sprachlos zurückgelassen. Wer einen eher seichten Roman aus der Welt der amerikanischen Schauspielkunst lesen möchte, kommt hier aber auf seine Kosten. 

 

 



Donnerstag, 19. August 2021

Bergland von Jarka Kubsova

Erscheinungsdatum: 24.05.2021    
Verlag:
Goldmann (Wunderraum)
ISBN:
9783442316182
Fester Einband
Seiten:
288
  
Leseprobe


Meine Bewertung:
  5 von 5 Punkten


Inhalt: Die "Innerleit-Rosa" bewirtschaftet in den Vierzigerjahren auf 1670 m Höhe allein einen Bergbauernhof. Ihre Familie wird durch den Krieg zerstört und aus ihrer Ehe bleibt nur ihr Sohn. Hart und einsam ist der Kampf mit der Natur, den Rosa auf sich nimmt. Traditionen sind ihr wichtig und der viel gerühmte Fortschritt, den ihr Sohn Sepp so gern durchsetzen möchte, ist ihr ein Dorn im Auge. Jahre später hat der Tourismus auf dem Hof Einzug gehalten und Rosas Enkel Hannes und dessen Frau müssen sich anderen, aber genauso harten Herausforderungen stellen.

Jarka Kubsova, bekannt durch Sachbücher und Reportagen hat ihren ersten Roman veröffentlicht. Deutlich spürbar ist, wie intensiv sie sich auf dieses Bergabenteuer vorbereitet hat. Man fühlt sich sofort mitten im Geschehen und sieht die Natur und die darin hart arbeitende Rosa vor sich. Besonders die Naturbeschreibungen die ans Herz gehen und nachspürbar sind, haben mir besonders gefallen.

 "Mit zunehmender Kälte stellten die kleinen Pflanzen das Wachstum ein, zitterten in dem heulenden Wind, der jetzt wieder über die Kämme strich und vor dem sich aes Schwache beugen musste. In Rosa stieg die Furcht vor dem nahenden Winter auf, weil im Winter das Hofherz langsamer schlug."

Drei Generationen werden im Wechselspiel der Perspektiven dargestellt. Rosa ist ein sehr starker Charakter, der sich trotz aller Widrigkeiten durch Krieg, Tod und Unerfahrenheit nicht davon abhalten lässt, den Bergbauernhof durchzubringen. Zwei Generationen später kämpft Franziska auf dem "Innerleit-Hof" darum, den Standard als Ferien-Bauernhof aufrecht zu halten. Wie hart es ist, die pure Landlust für Feriengäste vorzuspielen, wird hier schonungslos und offen wiedergegeben. Die vermeintliche Idylle entpuppt sich als fast unmöglich umzusetzende Vorgabe des Bauernverbands. 

Frauen stehen in diesem Roman im Vordergrund. Mal als hart arbeitende Bäuerin, mal als Familien- und Vermietungs-Managerin, die auf die eine oder andere Weise an ihre Grenzen gelangen. Man spürt, wie zerrissen die Frauen sind und wie viel ihnen abverlangt wird. 

Besonders die aktuelle Zeitschiene, die den Ferienbauernhof betrachtet, stimmt sehr nachdenklich. Der Einblick hinter die Kulissen der vermeintlichen Landidylle zeigt, welche hohen Kriterien an einen touristisch genutzten Bauernhof gestellt werden. Die Verbindung zur Großmutter mit ihrer naturbelassenen Acker- und Gemüsebewirtschaftung zeigt einen neuen Weg auf, der Hoffnung auf ein neues Zeitalter gibt. Sanfter Tourismus, der teilnimmt und nicht zerstört. 

Für mich ein Lesehighlight.


Hier habe ich noch ein tolles Interview mit der Autorin gefunden: 




Wie viel von diesen Hügeln ist Gold von C Pam Zhang

Erscheinungsdatum: 28.07.2021    
Verlag:
S. FISCHER
ISBN:
978-3-10-397392-1
Fester Einband
Seiten:
352
  
Leseprobe


Meine Bewertung:
 4,6 von 5 Punkten 






Inhalt: Als Waisen ziehen die Schwestern Sam und Lucy mit einem gestohlenen Pferd und der Leiche ihres Vaters zu Zeiten des Goldrausches durch die Einöde der Prärie. Einziger Begleiter ist der Wind, der ihnen Erinnerungen zuflüstert und ihnen den Weg weist, um eine geeignete Stelle für das Grab des Vaters zu finden. Als Kinder chinesischer Einwanderer sind sie unerwünscht und wurzellos. Ihre Suche nach einem Zuhause, einer Identität bestimmt ihr Leben.

C Pam Zhang hat mit diesem Debütroman eine unglaublich intensive, schonungslose Geschichte erzählt, die nur durch die wundervoll poetische Sprachmelodie der Autorin erträglich bleibt. Es gab einige Stellen, an denen ich eine Pause einlegen musste, um mich zu sammeln und weiterlesen zu können. Das Schicksal der chinesischen Arbeitsmigranten wird so lebendig beschrieben, dass es einem die Sprache verschlägt.

 "Aus der Entfernung sehen die Hügel ihrer Kindheit hell und sauber aus. Sie hat genügend Regenzeiten erlebt, und immer versank alles im Schlamm. Dünne Erde verwandelte sich in Suppe, jeder Tag durchtränkt und aufgesaugt von den Gezeiten des Lebens. Aus der Entfernung erkennt man nicht, wie gefährlich der Westen ist, wie dreckig."

Der amerikanische Traum versprach Reichtum und ein Zuhause, doch für die chinesischen Eltern der elfjährigen Sam und der zwölfjährigen Lucy wird es ein unerreichbarer Traum bleiben. Statt des erhofften Goldes müssen sie Kohle abbauen, um zu überlegen. Sie werden ausgebeutet und verachtet. Viel zu schnell verlieren die beiden Mädchen ihre Eltern und ihren Halt. Sie klammern sich an das überlieferte Ritual, wie Tote zu begraben sind und transportieren den verwesenden Leichnam des Vaters Tag um Tag weiter, um ihn an einer vorherbestimmten Stelle zu beerdigen, damit er Ruhe findet. 

Diese Story allein ist schon romanfüllend, doch es finden sich noch mehr Themen, die ineinander verschlungen werden. Die Zerstörung und Ausbeutung der Natur durch Modernisierung und Wachstum wird eindringlich beschrieben. Ureinwohner, Tiere und Landschaften gehen verloren. Der bisher gefeierte Wilde Westen wird Stück für Stück demontiert. 

Die Grundstimmung ist geprägt von Verlust, Trauer und Hoffnungslosigkeit. Es ist keine leichte Kost, die die Autorin dem Leser vorsetzt und teilweise fühlte ich mich überfordert, so viel an negativen Ereignissen aufzunehmen. Wie viel Leid kann ein Mensch ertragen? Bis zum letzten Abschnitt war ich gefangen und bewegt von der Handlung. Dann fiel es mir doch schwer, den abrupten Wechsel der Geschichte zu akzeptieren. Zu sprunghaft und unglaubwürdig wechselten die Themen, die auf ein offenes Ende zuliefen. 

 "Wenn du sicher sein kannst, dass jemand deinen Namen ruft - dieses Gefühl hatte ich, als deine Ma mich ansah. Ich wusste, dass ich fast zu Hause war."

Mich hat dieser Roman noch lange beschäftigt und auf die wieder einmal nur mangelhaft offene Berichterstattung geschichtlicher Daten aufmerksam gemacht. Ein interessanter Roman, der es verdient, weiterempfohlen zu werden.

Donnerstag, 5. August 2021

Klimawandel - ein Appell von Fred Vargas

Erscheinungsdatum: 
26.07.2021    
Verlag: Lagato Verlag
ISBN:
9783955679460
Hörbuch
Dauer:
7 Std. 36 Min.
  
Hörprobe


Meine Bewertung: 
  4 von 5 Punkten



Inhalt: Die Medien berichten immer häufiger über den Klimawandel. Die Nachrichten über Waldbrände, Regenfluten und Wassermangel sprechen für sich. Doch immer noch sehen wir lieber weg, als selbst zu handeln. Fred Vargas widmet sich dem Thema Klimawandel aus ihrer Sicht. Bisher kannte ich die Autorin nur von ihren Kriminalromanen her. Aber als Forscherin liegt ihr das Wohl der Erde am Herzen.

Fred Vargas hat sich intensiv vorbereitet und berichtet mit detaillierten Informationen und Quellennachweisen über ihre persönlichen Ergebnisse. Das Thema ist nur schwer verdaulich und die vielen wissenschaftlichen Ausdrücke sind nicht gerade leichte Kost. Hilfreich ist hier die wunderbare Stimme von Elke Schützhold, die mit ruhiger und warmer Sprache der Autorin ihre Stimme leiht. Gekonnt wendet sich die Autorin direkt an den Hörer. Es ist einfacher, nur Fakten zu lesen und sich nicht selbst betroffen zu fühlen. Aber wenn man gefühlt im Dialog steht, dann rüttelt es auf und macht sehr nachdenklich.

 "So viel, damit ihr sicher seid, dass ich euch nicht irgendeinen Quark einer hysterischen Umweltaktivistin erzähle, o nein. "Von Leben oder Tod" Die Worte sind ausgesprochen. Von der UNO."

Um die Fakten und ungeheuerlichen Missstände leichter verkraften zu können, lockert die Autorin mit leichter Note den Text auf. Sie schweift bewusst ab und wird persönlich. Ein sogenannter automatischer Zensor greift als Stilmittel ein und holt die Autorin zurück zum Thema. 

 Ich finde es erstaunlich, dass dieses Buch so wenig Publicity erhalten hat. Es ist mutig, sich aus der kriminalistischen Komfortzone zu erheben und die eigenen Gedanken zu veröffentlichen. Personen des öffentlichen Lebens sollten sich viel häufiger für den Klimaschutz einsetzen, denn sie finden Gehör und können die Medien für sich gewinnen.

Durch die klaren Kapitel ist es möglich, die sieben Stunden des Hörbuchs zu unterbrechen und manches erst einmal sacken zu lassen. Es ist nicht einfach, so viele negative Fakten geballt zusammengetragen, aufzunehmen. Es hat mich sehr nachdenklich gemacht, denn wer will am Ende schon von sich sagen: Ich habe es gewusst und nichts getan.

Mittwoch, 4. August 2021

Das Buch des Totengräbers von Oliver Pötzsch

Erscheinungsdatum: 
31.05.2021               
Verlag: Ullstein
ISBN:9783864931666
Fester Einband
Seiten:
448
  
Leseprobe

Erscheinungsdatum: 31.05.2021
Verlag: 
Hörbuch  Hamburg
Laufzeit:
815 Minuten
ISBN:
978-3-95713-229-1


Meine Bewertung:
 4,6 von 5 Punkten 


Inhalt: Noch bevor Leopold von Herzfeldt seinen ersten Tag bei der Wiener Polizei antritt, begibt er sich sehr zum Ärger seiner neuen Kollegen an einen grausigen Tatort. Eine junge Frau wurde im Prater ermordet und gepfählt, eine Tötungsform, die der Aberglaube für Untote vorgesehen hat. Durch seinen forschen Auftritt mit ungewöhnlichen Tatortsichtungen verscherzt es Leopold sich gleich und landet bei einem scheinbar harmlosen Fall. Lediglich die Verbindung mit der Familie Strauß erfordert ein gewisses Maß an Zurückhaltung bei der Ermittlung. Hätte der kauzige Totengräber des Wiener Zentralfriedhofs Leopold nicht auf Ungereimtheiten hingewiesen, wäre der Fall sicherlich schnell ad acta gelegt worden. Die neu gewonnenen Erkenntnisse decken einen ungeahnten Skandal in höchsten Kreisen auf und Leopold gerät, allein auf sich gestellt, in höchste Gefahr.

Versehentlich habe ich ein Lese- und Hörexemplar des Krimis "Das Buch des Totengräbers" von Oliver Pötzsch angefragt. Aus der Not heraus entstand ein für mich ungewöhnliches Experiment. Ich habe gleichzeitig gehört und gelesen und habe es tatsächlich begeistert erlebt. Habt ihr auch schon einmal ein Hör-Lese-Erlebnis gehabt?

Die Reise ging nach Wien ins Jahr 1893. Begleitet habe ich den jungen Inspektor Leopold von Herzfeld bei seinen ersten Schritten in der Mordermittlung. 

Oliver Pötzsch ist mit dem Start dieser neuen Serie ein höchst unterhaltsamer, spannender und skurriler Krimiauftakt gelungen. Meine Skepsis ins Jahr 1893 zu springen und einen spannenden Krimi zu lesen, habe ich schnell verworfen. Man fühlt sich sofort ins Wien der Jahrhundertwende versetzt. Mit viel Charme und gut recherchiertem Hintergrundwissen werden die Protagonisten lebendig und auf ihre Art liebenswert skizziert. Mir hat vor allem die junge Telefonistin Julia Wolf gefallen. Die junge Frau kämpft sich mit einer enormen Willensstärke durchs Leben. Sie verbirgt ein Geheimnis, dass ihr die Stelle und damit ihre finanzielle Unabhängigkeit kosten würde.

Im Hörbuch glänzt der Sprecher Hans Jürgen Stockerl mit seinem ganz besonderen Wiener Schmäh. Die häufigen Dialektdialoge hätte ich als bekennende Norddeutsche nie im Leben richtig ausgesprochen. Hier war das Lesen und gleichzeitig Hören ein absolutes Highlight.

 "Mein Blut ist so lüftig und leicht wia der Wind, i bin halt an echt's Weanerkind ..."

Nicht nur die Handlung mit überraschenden Wendungen und grausigen Vorfällen hat mich in den Bann gezogen. Ganz nebenbei erfährt man viel über die Anfänge der Kriminalistik. Der Einsatz von Hilfsmitteln, um einen Tatort zu sichern und zu dokumentieren, steckt noch in den Kinderschuhen. Erst zögerlich werden Spuren gesichtet und Fotografien erstellt. Interessant ist auch der Almanach für Totengräber, der immer wieder zitiert wird. Augustin Rothmayer, der aus einer Wiener Totengräber-Dynastie stammt, ist der heimliche Held dieses Krimis. Hilft er doch immer wieder mit kleinen Details aus dem Reich der Toten, den Fall nach und nach aufzuklären.

Befangen haben mich die Schilderungen über das ärmliche Leben der Menschen gemacht. Wie selbstverständlich ist uns ein Dach über dem Kopf, ein Gehalt, das monatlich gezahlt wird. Die Industrialisierung führte zum Massenansturm auf Städte, denen auch Wien nicht gewachsen war. Wohnraum war knapp und selbst ein Grab konnte selten bezahlt werden. Das kleine Mädchen, das auf dem Friedhof nicht vom Grab ihrer Mutter weicht, ist sehr bewegend beschrieben worden.

Für mich ein überraschendes historisches Krimihighlight, das Lust auf Fortsetzung macht.


Dienstag, 3. August 2021

Die Karte von Andreas Winkelmann

Erscheinungsdatum: 15.06.2021    
Verlag: ROWOHLT Taschenbuch
ISBN: 9783499000409
Flexibler Einband
Seiten:
384
  
Leseprobe


Meine Bewertung: 
 3,5 von 5 Punkten 

Inhalt: Eva gehört zu einer digitalen Hamburger Fitness-Community und postet ihre Laufleistungen. Nicht ahnend, dass sie durch ihre wiederkehrenden Laufstrecken einen Mörder auf sich aufmerksam macht. Anhand ihres Laufmusters ist es für den Täter ein leichtes, ihr aufzulauern und sie zu töten. Sie wird nicht das einzige Opfer bleiben und für Hauptkommissar Jens Kerner und seine Kollegin Rebecca Oswald beginnt ein Wettlauf mit der Zeit. 

Gehörst Du auch zu den Fitness-Fans, die ihre Erfolge posten und teilen. Joggst Du gern in den Abendstunden und lässt den Abend so ausklingen. Dann solltest Du diesen Thriller besser nicht lesen oder gerade deswegen.

Andreas Winkelmann setzt auf Gänsehautmomente und spielt mit der Angst, die durchaus begründet ist. Was passiert eigentlich mit unseren persönlichen Daten, die wir so unbedarft im Internet streuen? Der Schreibstil ist locker und einfach gehalten. Zart besaitet darf man allerdings nicht sein, denn die Morde werden detailliert und brutal beschrieben. Mir war dies ein wenig zu viel, vor allem, weil sich die Art der Tötung wiederholte und es durchaus gereicht hätte, auf den ersten Mord zu verweisen.

Ungewöhnlich ist das Ermittlungsduo, denn Rebecca Oswald ist eigentlich nur Angestellte im Polizeidienst. Durch ihre private Beziehung zu Jens Kerner unterstützt sie ihn aber mit ihren persönlichen Empfindungen zum Fall. Obwohl dies schon der 4. Fall dieses Duos ist, lässt sich der Band auch ohne Vorkenntnisse gut lesen.

Hass ist der Antrieb dieses Thrillers, der sowohl beim Täter wie bei den Opfern eine große Rolle spielt. Dabei wird sehr klischeeartig der Mann/Frau-Konflikt wie auch das Unterverständnis für gleichgeschlechtliche Beziehungen bedient. Sicher gibt es Menschen, die immer noch an diesen Rollenbildern festhalten, aber hier wird fast bei allen Protagonisten eine Ablehnung spürbar, die ich für unglaubwürdig halte.

Der Spannungsbogen wird gleich zu Anfang sehr hoch angelegt. Man springt förmlich von einer Tat zur anderen und rätselt sehr lange, welches Motiv den Taten zugrunde liegt. Es ist spannend, den Ermittlungen bis zum letzten Drittel zu folgen. Dann flacht die Handlung allerdings ab. Es fühlt sich so an, als wenn der Autor selbst den Faden verloren hätte. Das Ende konnte mich dann auch nicht wirklich überzeugen und wirkte sehr konstruiert.

Alles in allem ein sehr spannender, aber nicht nachhallender Thriller, der durch das interessante Thema mehr Potential gehabt hätte.