Dienstag, 15. März 2022

Der Pfad – Die Geschichte einer Flucht in die Freiheit von Rüdiger Bertram

Bis nach Marseille haben es der 12-jährige Rolf und sein Vater im Jahr 1941 geschafft. Die Überfahrt nach New York zur wartenden Mutter ist greifbar nah. Doch es fehlen die wichtigen Ausreisepapiere. Ihr letzter Ausweg führt über die Pyrenäen. Trotz Verbot des jungen Fluchthelfers Manuel nimmt Rolf heimlich seinen geliebten Terrier Adi mit auf den beschwerlichen Weg. Eine tragische Entscheidung, die sein Leben für immer verändern wird.  

Rüdiger Bertram hat mit diesem Jugendbuch und der daraus resultierenden Vorlage zum Kinofilm eine berührende Geschichte während des 2. Weltkrieges über zwei Jungen auf der Flucht über die Pyrenäen geschildert. Während des Lesens war dieses beklemmende Gefühl, was mich begleitet hat, nur auf die damaligen Verhältnisse beschränkt. Inzwischen ist das Wort "Flucht" tagesaktuell und fehlt in keiner Nachrichtensendung. Ob Menschen 1941 oder 2022 auf der Flucht waren und sind, spielt keine Rolle, denn es geht immer um furchtbare Einzelschicksale, die unbegreiflich und traurig sind.
 
Wer dieses Buch liest, bekommt vielleicht ein wenig Hoffnung und glaubt daran, dass auch nach schweren Schicksalsschlägen das Leben weitergehen kann und muss. 
 
Rolf ist ein quirliger Junge, der mit seinem Vater in Marseille auf die Überfahrt nach New York wartet. Als Autor von den Nazis verfolgt, hat sein Vater nur die Chance, sein Leben im Exil weiterzuführen. Geschickt hat er seinen Sohn auf die gefährliche Reise vorbereitet. Mit dem Spiel "Gut oder böse?" beobachten die beiden bei ihren täglichen Aktivitäten andere Passanten. So lernt Rolf die Menschen genauer anzuschauen und sie einzuschätzen. In diesen schwierigen Zeiten eine Fähigkeit, die über das Überleben entscheiden kann. 
 
Der Hirtenjunge Manuel und das Stadtkind Rolf sind in den Pyrenäen allein auf sich gestellt. Ihre anfängliche Abneigung wandelt sich nach und nach zu einer engen Freundschaft und zeigt, dass sich auch die unterschiedlichsten Menschen verstehen, wenn sie sich aufeinander einlassen und die Sicht des anderen respektieren. 
 
Besonders schön fand ich die Annäherung der Jugendlichen über das Buch "Der 35. Mai" von Erich Kästner. Rolf hat dieses Buch direkt vom Autor geschenkt bekommen und hütet es wie seinen Augapfel. Täglich liest er darin und fühlt sich ein wenig geborgen und an sein Zuhause erinnert. Er liest Manuel daraus vor und gemeinsam können sie dem gefährlichen Alltag ein wenig entfliehen und über die Texte lachen. Ich kannte Kästners Werk bisher nicht und muss dieses quirlig bunte Kinderbuch unbedingt lesen.
"Schon auf der Straße werden Onkel und Neffe von dem rollschuhlaufenden Zirkuspferd Negro Kaballo angesprochen." (Erich Kästner - Der 35. Mai oder Konrad reitet in die Südsee)
Obwohl das Thema sehr ernst ist und auch die ein oder andere Träne beim Lesen fließt, gibt es unterhaltsame und fröhliche Momente. Die Sprache ist einem Jugendbuch angemessen und leicht verständlich. Die Kriegssituation wird deutlich herausgearbeitet, bleibt aber sprachlich auf einer ruhigen Ebene, die ohne grausige Details auskommt. 
 
Da es sich um einen Roman zum Film handelt, findet man farbige Filmfotografien und eine Erklärung des Autors im Nachwort, warum Film und Roman ein wenig voneinander abweichen. 
 
Das Schicksal dieser beiden Jungen hat mich bewegt und sehr nachdenklich zurückgelassen. Die Nähe zu plötzlich aktuellen Geschehnissen lässt meine Gedanken an gerade flüchtende Kinder nicht los. 
 
Ich werde mir den Film zum Vergleich anschauen, auch wenn ich sicherlich vom Buch mehr angetan sein werde, da ich Kopfkino einfach lieber mag.

Von mir gibt es 4 von 5 Punkten

Buchinformationen
Erschienen: 10.01.2022
Verlag:  cbj Verlag
ISBN: 9783570314678
Flexibler Einband
Seiten: 240

Trailer zum Film




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