Freitag, 9. Juni 2023

Der Bojenmann von Kester Schlenz und Jan Jepsen


Erst bei genauem Hinsehen wird die makabre Tat sichtbar. Statt der Holzfigur "Bojenmann" steht eine plastinierte Leiche auf der Flusstonne. Kein leichter Fall für Kommissar Thies Knudsen, denn es bleibt nicht bei der einen Zurschaustellung. Mitten in Hamburg tauchen weitere inszenierte Leichen auf, die Böses erahnen lassen. Hier ist ein Perfektionist am Werk, der sich sicher und unangreifbar fühlt. Zum Glück gibt es Oke La Lotse Andersen, der Kommissar Knudsen nicht nur als Freund zur Seite steht. Als alter Seebär hat er das richtige Gespür für seemännische Details und kann wichtige Informationen liefern. Noch reichen die wenigen Puzzleteile aber nicht aus, um den Mörder zu entlarven.


Das Autorenteam Kester Schlenz und Jan Jepsen  startet mit dem "Bojenmann" den Auftakt zu einer neuen Krimiserie. Locker und leicht mit einer ordentlichen Portion Humor steigt man in diesen ungewöhnlichen Fall ein. Die Handlung wird mit hanseatischem Charme und viel Hamburger Lokalkolorit begleitet. Am Buchende findet sich eine Charakterbeschreibung der handelnden Protagonisten. Diese habe ich leider erst am Ende entdeckt; aber auch ohne die Beschreibungen kann man sich ein sehr gutes und lebendiges Bild von jeder Person machen. 

"La Lotse verstand generationsbedingt nur Bahnhof. Hauptbahnhof. Er hatte sich selbst regelrecht stolz mal als Digital-Deppen bezeichnet. Mit dem Zusatz: Und das ist auch gut so."

Thies Knudsen, der leitendende Ermittler im LKA, wirkt sehr sympathisch und bodenständig. Seine heimlichen Gefühle für Kollegin Dörte Eichhorn versteckt er ihr gegenüber durch trockenen und bissigen Humor. Da geht bestimmt noch was in den Folgebänden. Anders verhält es sich bei der Freundschaft zum ehemaligen Lotsen und Kapitän Oke Andersen, genannt La Lotse. Die Männerfreundschaft ist warmherzig und unkompliziert. Hier haben sich zwei gesucht und gefunden. 

Anders als bei anderen Morden werden keine Leichen versteckt, sondern zur Schau gestellt. Der Täter will Aufmerksamkeit um jeden Preis. Seine plastinierten Leichen stellt er mitten in Hamburg an öffentlichen Plätzen aus. Sie wirken so täuschend echt, dass erst nach dem zweiten Blick klar wird, welche grauenhaften Statuen in der Stadt auftauchen. Gänsehaut ist hier garantiert. Man fragt sich bald nur noch, wieviele es noch werden, denn der Täter scheint sich regelrecht mit Leichen bevorratet zu haben.

Obwohl der Schreibstil locker ist, wird die Handlung zunehmend düsterer. Gefährliche Situationen nehmen zu und die Polizei muss mit wenigen Hinweisen auskommen.

Bis zur letzten Seite war es ein unterhaltsamer und kurzweiliger Krimi. Dann kam die ungelöste Schlüsselszene, die bei der Bewertung zum Punktabzug geführt hat. 

Einen Krimi unangekündigt über mehrere Bände zu ziehen, empfinde ich immer als unfair. Wenn man vom Autoren fast gezwungen wird, die Fortsetzung zu lesen, ist das für mich immer die schlechteste Entscheidung für ein Ende. 


Von mir gibt es 3,5 von 5 Punkten

Buchinformationen
Erschienen:  12.04.2023
Verlag:  btb
ISBN: 978-3-442-77088-5
Flexibler Umschlag
Seiten: 320






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