Montag, 3. April 2023

Der glückliche Horizont von Susanne Wiborg


Literarische und naturkundliche Landschaftsbetrachtungen mit Denkanstößen und interessanten Details über Berge, Flüsse und Meere, Feldmark und Wiesen, Heide und Moor, Wald und Wiesen.
Dazu kommen Schriftsteller, Dichter und Denker verschiedener Epochen und mancher ins Verborgene geratene Schatz wird neu erweckt.
 


Susanne Wiborg hat mit einem besonderen und gelungenen Blick auf unsere Landschaften geschaut. Sie verknüpft eigene Betrachtungen mit literarischen Auszügen aus Romanen und Gedichten großer Namen. Nach Landschaften gegliederte Abschnitte zeichnen bekannte Bilder, die jeder im Kopf hat, wenn er zum Beispiel an Meer und Berge denkt. Gleichzeitig dazu werden überraschende Sichten und informative Details aufgezeigt, die zum Neubetrachten und Umdenken anregen. 

Die Berge werden träumerisch verklärt beschrieben, andere sehen in ihnen eine dunkle, bedrückende Enge. Besonders humorvoll und gleichzeitig leider immer noch aktuell ist das 1930 von Erich Kästner verfasste Gedicht "Maskenball im Hochgebirge":
"... Das Gebirge machte böse Miene. Das Gebirge wollte seine Ruh. Und mit einer mittleren Lawine deckte es die blöde Bande zu. ....." 

So konzentriert und wundervoll zusammengestellt habe ich selten thematisch gebündelte Auszüge aus Klassikern vorgefunden. Ob Johann Wolfgang von Goethe, die Gebrüder Grimm, Otto von Bismarck, William Shakespeare, Annette von Droste-Hülshoff, Jemima Morell, Thomas Mann oder Heinrich Heine und viele viele mehr kommen hier zu Wort und teilen ihre Begeisterung oder ihre Abneigung über bestimmte Landschaften. 

Durch die Begeisterung Einzelner wurden manche Landschaften erst entdeckt und touristisch erschlossen. Besonders die Heidelandschaft galt früher eher als Steppe denn als sehenswürdiges Naturschauspiel.  

"... Die Heide kam in Mode. Es regnete Menschen, es hagelte Volk. Sie kamen, wenn die Heide blühte, in hellen Haufen angezogen, zu Fuß, zu Rad und zu Wagen, rissen das blühende Heidekraut ab, fragten den Schnuckenschäfer dumm und albern ....." 

Natürlich darf hier Hermann Löns nicht fehlen. Sein Name ist unverrückbar mit der Heide-Landschaft verbunden. Die Hintergrundinformationen über diesen eigenwilligen Lebemann, der gar nicht so ländlich gelebt hat, sind besonders interessant. 

In jedem Landschafts-Abschnitt habe ich ein Stück meiner eigenen Naturverbundenheit entdeckt. Ich stimmte Goethe zu, wenn er über die Berge sprach oder teilte Arno Surminskis Leidenschaft für das Moor, welches eine besondere Anziehungskraft besitzt. 

Aber so sehr ich die Berge liebe und dem Rauschen der Wellen zuhöre, bin ich den Wäldern am meisten zugetan. Hier kann ich Kraft tanken und abschalten. Genau das habe ich in diesem Kapitel gefunden.

 "Unter den großen Bäumen kann man endlich durchatmen. Aber selbst dann bleibt diese Umgebung akustisch unberechenbar. Durch die große Stille rundum rückt tagsüber kaum Wahrgenommenes in nie genau abschätzbare Nähe: ein Eulenruf, ein leises Tippeln, Huschen und Nagen, in einer Böe knackende Bäume und raschelnde Blätter."

Für mich ist dieses Buch eine unerwartete Entdeckung voller Poesie, die Lust darauf macht, mit offenen Augen und mit allen Sinnen durch die vielseitigen Landschaften zu gehen. 


Von mir gibt es 4 von 5 Punkten

Buchinformationen
Erschienen: 16.02.2023
Verlag:  Kunstmann
ISBN: 978-3-95614-538-4
Fester Umschlag
Seiten: 360







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