Donnerstag, 19. November 2015

Die Stunde der Liebenden von Lucy Foley




    Erscheinungsdatum: 24.10.2015
    Verlag: Insel Verlag 
    ISBN: 9783458361077
    Flexibler Einband: 460 Seiten

    Meine Bewertung: 5 von 5 Punkten 

Nach dem Tod ihrer Großmutter lebt die junge Fotografin Kate 1986 allein in dem großen Familienhaus in London. Als sie in alten Kartons stöbert, findet sie Briefe und eine Frauenzeichnung aus dem Jahr 1928. Die Ähnlichkeit mit ihrer Mutter ist frapierend. Sollte dies die Frau sein, die ihr Kind (ihre Mutter) ausgesetzt hatte? Natürlich will sie dem Geheimnis auf den Grund gehen. Rückblick ins Jahr 1928 als Alice und Tom, die sich aus Kindertagen her kennen, sich zufällig treffen und ineinander verlieben. Der junge Künstler und die vor Energie sprühende Frau scheinen füreinander geschaffen zu sein.


Lucy Foley hat einen wunderschönen stimmungsvollen Schreibstil. Man wird in eine andere Zeit und einen anderen Ort versetzt. Landschaften und Emotionen werden fühlbar transportiert. Besonders die Landschaftsbeschreibungen Korsikas vermitteln Fernweh. Obwohl die Abschnitte häufig Zeit, Ort und Erzähler wechseln, hat man dank der unterschiedlichen Sprachstile nie das Gefühl, die Übersicht zu verlieren.

Die Geschichte beginnt im Jahr 1986 als Kate ein über Jahre gehütetes Geheimnis ihrer verstorbenen Großmutter lüftet. Sie hat Briefe die an ihre Adoptivtochter gerichtet waren für sich behalten. Nun macht sich die Enkelin auf die Suche nach ihren Wurzeln. Auf Korsika trifft sie den Maler Thomas, der 1928 eine Zeichnung ihrer leiblichen Großmutter gefertigt hat und erfährt von ihm eine unglaubliche Geschichte. Seine Erinnerungen lassen die Liebesgeschichte zwischen Alice und Thomas lebendig werden. Gegenwart und Vergangenheit wechseln sich ab und man ist hin- und hergerissen, welcher Erzählstrang mehr fesselt.

Die Charaktere wirken sehr natürlich und glaubhaft. Besonders Thomas wirkt sehr herzlich und sympathisch. Ob nun als junger schüchterner Mann, der seinen Weg noch finden muss oder als in die Jahre gekommener berühmter Künstler, der zurückgezogen auf Korsika lebt. Auch seine große Liebe Alice nimmt den Leser schnell für sich ein. Die lebenslustige unkonventionelle Tochter aus Gutem Hause liebt es im Mittelpunkt zu stehen und ist die größte Bewunderin von Thomas Werken. Ihr Lebensweg bleibt lange im Dunkeln und man fragt sich, warum sie ihr Kind weggeben haben mag. Verletzte Gefühle, Leben in unterschiedlichen Ländern, der 2. Weltkrieg und Missverständnisse lassen die füreinander Geschaffenen sich immer weiter voneinander entfernen.  

"Ich glaube wir tragen alle unsere Vergangenheit mit uns, in dicht an
dicht übereinanderliegenden Schichten, wie bei einer Zwiebel. Irgendwo
steckt noch jenes Mädchen in dir, auch wenn es inzwischen von neuen
Schichten überlagert sein mag. Dieses Mädchen ist es, das dich
zusammenhält; es ist dein eigentliches Inneres."
Der schicksalhafte Fund der Zeichnung läßt Kate nach Jahren der Ungewissheit das Schicksal zweier Menschen aufdecken. Dabei wird ihr eigenes bisher ruhiges Leben völlig auf den Kopf gestellt. Die Suche nach sich selbst und ihrer zukünftigen Bestimmung wird deutlich skizziert. Dabei darf natürlich auch ihr Gefühlsleben nicht zu kurz kommen. Im Enkel von Thomas findet sie einen emotionalen Begleiter, der sie stützt als die Ereignisse sich überschlagen. Auch hier findet die Autorin die geeigneten Stilmittel, um das besondere dieser zwei Menschen herauszuarbeiten. Leider verliert sich die die Geschichte von Kate und Oliver am Ende. Aber vielleicht ist es auch nur der Auftakt zu einem neuen Roman - wer weiß.

Durch den gelungenen Schreibstil, der so viel Gefühl transportiert, verzeiht man die ein oder andere offene Frage. Ein toller sehr empfehlenswerter Debütroman.


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