Sonntag, 16. November 2014

Xaverna: Stauffenberg fährt Rad von Antonia Kraus

Endlich Ferien. Cornelia verbringt ihre Zeit mit dem Schreiben von Geschichten und Radtouren über die Insel Usedom. Mitten am Strand entdeckt sie eine geheimnisvolle Höhle voller Bücher. Doch das vermeintliche Bücherparadies wird von Xaver, einem verwirrten Revolutionär, verwaltet. Dieser plant die Vernichtung vieler "unnützer" Bücher, von der Erstausgabe bis zum letzten veröffentlichten Buch. Vorlage für sein Treiben, ist die französische Revolution, die er datumsgetreu verfolgt.
 

Antonia Kraus hat einen leicht verständlichen Schreibstil. Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht der 14jährigen Cornelia.

Gefallen haben mir die Beschreibungen der Insel Usedom. Die Fahrradausflüge von Cornelia sind die Highlights der Story. Man fühlt die Insel und kann sich die Örtlichkeiten gut vorstellen.

Der rote Faden im Buch, ist aber leider schwer zu finden. Die Autorin hat versucht, zuviel auf einmal in einem Buch unterzubringen. Es geht um Teenagerliebe, Hochbegabung, Familienprobleme, Geschichtsrückblicke, Fatasie und Inselfeeling.

Die Charaktere wirken teilweise etwas hölzern und die Dialoge nicht lebensnah genug.
Die Altersempfehlung von 12 bis 15 Jahren ist zu niedrig angesetzt. Die schwere Thematik der französischen Revolution und die Details des Stauffenberg-Attentates sollten die Leser zumindest schon einmal gehört und verstanden haben. Die durchgeführten Morde werden zwar sehr schemenhaft beschrieben, vermitteln aber jüngeren Lesern ein falsches Wertesystem.

Für mich hat die Geschichte zu viele offene Handlungsstränge, die den Leser mit einem Fragezeichen zurücklassen.



Meine Bewertung: 3 von 5 Punkten

Samstag, 15. November 2014

Requiem einer Sommernacht von Inga Beron

In einer Berliner Wohnung wird eingebrochen und der Bewohner, ein alter Mann, wird von seiner Frau erschlagen aufgefunden. Die Beerdigungsunternehmerin Nina Heinrichs wird von der Nachbarin beauftragt, herauszufinden, wer an dem Tod des Mannes Schuld hat. Denn nicht nur die Einbrecher scheinen in Frage zu kommen. Kommissar Frank Sourell ist von Ninas Ermittlungen gar nicht angetan, doch der Zufall will es, dass sie gemeinsam ermitteln. Was sich liebt das neckt sich und so dauert es nicht lange, bis Kommissar und Bestatterin mehr füreinander empfinden. Doch erst muss der Fall gelöst werden.
 

Inga Berons leichtem Schreibstil kann man gut folgen. Allerdings wirken manche Dialoge gestelzt und nicht lebensnah. Anfangs wird man in die Welt von Nina Heinrichs, dem Bestattungsunternehmen, eingeführt. Doch diese Tätigkeit verliert sich schnell in der Handlung. Hauptaugenmerk wird auf die Detektivarbeit von Nina gelegt. Ihre Art zu ermitteln hat mich an vielen Stellen stutzig gemacht. So verhört sie im Beisein eines Kommissars Zeugen und erhält Auskunft über Ermittlungsergebnisse. Im wahren Leben würde dies sicherlich so nicht vorkommen.

Die Charaktere wirken durchweg lebensunfroh. Jeder für sich fühlt sich in seiner Haut nicht wohl, will jemand anderes sein. Diese negative Stimmung macht es schwer, Sympathiepunkte zu vergeben.

Der Roman wurde als Berlinkrimi angekündigt. Doch das Großstadtflair oder detaillierte Beschreibungen wird man vergeblich suchen. Lediglich Milieuschilderungen türkischer Mitbürger werden eingebunden, die es so aber auch in anderen Städten geben wird. Die Krimihandlung selbst ist dabei durchaus schlüssig und spannend.

Mir kam es manchmal so vor, als würde die Autorin eine Art Checkliste abarbeiten. Denn manche Punkte hätten nicht unbedingt in die Handlung eingebaut werden müssen. So war eine anstehende Zwangsheirat eines türkischen Mädchens nicht wirklich notwendig, um zu vermitteln, welcher Nationalität die Verdächtigen angehören.

Für mich war der Roman weder Fisch (chick lit) noch Fleisch (Krimi).

Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich einen Regionalkrimi erwartet habe.



Meine Bewertung: 2 von 5 Punkten

Sonntag, 9. November 2014

Der Kuss von Boris Meyn

Ein Scheck in Millionenhöhe läßt Peter Baumann aus seinem selbst gewählten Exil in der Bretagne zurück nach Hamburg kehren. Die Zeit zwischen den 70er Jahren und dem Jahr 2010 hat nicht nur Hamburg verändert, sondern auch Freunde zu Fremden werden lassen. Inspiration für seine Bilderhauertätigkeit zog Peter früher aus seinen Liebesbeziehungen, die ihn aber mehr und mehr einzuengen schienen. Der erneute Kontakt zu ehemaligen Weggefährten zeigt, wie unterschiedlich die Personen ihr Leben gesehen haben. Eine unerwartete Offenbarung katapultiert Baumann erneut in eine Gefühlsspirale.

Boris Meyn hat einen sprachgewaltigen Roman geschaffen. Das Spiel der Worte verbunden mit Zeitgeschehen, Kunst, Hamburger Stadtgeschichte und politischer Vergangenheit ist eine gelungene Romanmischung. Der Schreibstil ist gewagt und der Leser muss sich auf das Wortspektakel einlassen, um einen Lesefluss entstehen zu lassen.
Zitat: "Als Substrat dieser Begegnung blieb nur der Schrebergarten meiner
Phantasien."
Im Mittelpunkt steht Bildhauer Peter Baumann, der während seiner Studienzeit sich durch seine unterschiedlichen Liebesbeziehungen zu seinen Kunstwerken inspirieren läßt. Dabei fliegen ihm die Liebesbeweise nur so zu. Eine undefinierte Anziehungskraft läßt ihn für andere begehrenswert werden. Besonders die Ménage à trois mit Anelis und Theo ist Segen und Fluch zugleich. Durch sie kann er sein Meisterwerk "die Amazone" geschaffen aus Theos und Anelis Körpern fertigen. Schlussendlich tritt Baumann aber wieder die Flucht vor einer Entscheidung an.

Mit dem Protagonisten selbst konnte ich mich nur schwer anfreunden. Wirkt er doch sehr narzistisch und wenig am Leben der anderen interessiert. Er nimmt sich, was er an Gefühlen benötigt und läßt nur soviel Nähe zu, wie er ertragen kann.

Begleitet wird die Handlung durch bildhauerische Elemente, die besonders die Skulptur "Der Kuss" von Brâncuși wie einen roten Faden immer wieder im Geschehen auftauchen lassen und letztendlich das Schlüsselelement der Geschichte darstellen.

Meine Bewertung: 4 von 5 Punkten:


Quelle: youtube

Montag, 3. November 2014

Meine Schwester, die Hummelkönigin von Patrizia Zannini

Nie wieder wollte Ally, die erfolgreiche Journalistin aus Los Angeles, zurück in ihren Heimatort. Als sie zur Beerdigung ihrer Mutter fährt, soll es nur für zwei Wochen sein, um alles zu regeln. Doch sie merkt schnell, dass die Vergangenheit sie mehr als nur einholt. Der Grund ihrer damaligen Flucht scheint nur ein Vorwand gewesen zu sein, um vor der Belastung durch ihre "andere" Schwester, flüchten zu können. Je länger sie Zeit in Bear Isle im Haus ihrer Mutter verbringt, desto mehr gerät ihre bisherige Welt ins wanken. Sie muss sich endlich mit ihrer Schwester auseinandersetzen und sich lange unterdrückten Gefühlen stellen.

Patrizia Zannini hat einen wundervoll gefühlvollen Roman geschrieben. Man fühlt sich mitten in den Indian Summer in Maine versetzt, spürt die warmen Sonnenstrahlen und die raschelnden Blätter.

Zitat: "Ich liebte dieses kurze Intermezzo zwischen dem Sommer und dem
langen Winter, den Geruch der frischen, sauberen Luft, das Geräusch der
Blätter."
Die Geschichte zweier völlig unterschiedlicher Schwestern bewegt und regt zum Nachdenken an. Emma wurde den Menschen von ihrer Mutter immer nur als "sie ist anders" vorgestellt. Ihre Mutter hat für sie gedacht, ihr ein lebenlang alle Hindernisse aus dem Weg geräumt und entschieden, was gut für sie ist. Mit dem Tod der Mutter ändert sich dies schlagartig.
Was anfänglich als gut und richtig erscheint, wird im Laufe des Romans in Frage gestellt. Denn Emma hat Talente, die lange im Verborgenen geblieben sind, weil man ihr einfach zu wenig zugetraut hat.

Ally dagegen fühlte sich immer in den Hintergrund gedrängt. Alles drehte ich um ihre Schwester. Die Enge und die Vertrautheit der Bewohner des kleinen Ortes haben ihr vermeintlich keine Luft zum Atmen gelassen. Erst nach ihrer Rückkehr nach Bear Isle lernt sie die Natürlichkeit ihres Heimatortes schätzen. Die Oberflächlichkeit ihres bisherigen Lebens wird ihr dadurch nur allzu deutlich.

Die zur Handlung gehörende Liebesgeschichte ist nett zu lesen, wäre aber nicht notwendig gewesen, um diesen Roman glänzen zu lassen. Vielmehr sind es die leisen, kleinen Details, wie die besondere Beziehung des indianisch stämmigen kleinen Mädchens zu Emma oder das Streicheln eines Hummelkörpers, der die Verbindung der Schwestern stärkt (hier ist Emma die Starke, die Ally Vertrauen und Sicherheit gibt).

Fazit: In jedem von uns stecken Fähigkeiten, die man vielleicht nie oder nur durch einen Zufall entdeckt


Meine Bewertung: 4 von 5 Punkten:

Nimm das Glück in beide Hände! von Antje Szillat

Als Mutter von zwei Kindergarten-Mädchen, Besitzerin einer Labradorhündin und Teilzeitkraft im Jeansladen hat Clara alle Hände voll zu tun. Ehemann Paul ist auch nur sporadisch anwesend, weil er in Asien arbeitet. Da kommt die Meldung der Frauenärztin gerade recht, dass Clara wieder schwanger ist. Nach einem unerfreulichen Treffen mit ihrer Exkollegin merkt Clara schnell, dass sie sich richtig auf ihr Kind freut. Als ihre Stelle gekündigt wird, möchte Clara endlich im Berufsleben durchstarten und sich selbst verwirklichen. Wäre da nicht ihre Schwiegermutter, die plötzlich auftaucht und ihr gehörig Steine in den Weg wirft. Doch auch diese Hürde scheint Clara mit Bravour zu meistern.
 

Antje Szillat hat eine rasante Glückskomödie geschaffen, die einfach gute Laune verbreitet. Die einzelnen Kapitel werden mit Glückszitaten eingeleitet und abgerundet wird die Story am Ende mit für jede Gelegenheit passenden Teerezepten.

Die Protagonisten wirken sympathisch und realistisch. Manch einen Typen hat man sicherlich so oder ähnlich in der eigenen Nachbarschaft.

Der Einstieg ist nach meinem Empfinden etwas zu turbulent ausgefallen. Die Ereignisse überschlagen sich förmlich. Doch das anfängliche Chaos wird auf den folgenden Seiten überschaubarer und nachvollziehbarer. Clara handelt zwar nicht immer überlegt, doch ihr Stehaufmännchen-Charakter macht sie sehr liebenswert. Besonders ihre Liebe zum Tee und der Ehrgeiz einen eigenen Laden zu eröffnen, zeigt, dass sie trotz Schwiegermutter-Attacken und finanziellen Schwierigkeiten an einem Ziel festhalten kann und mehr in ihr steckt, als vermutet.

Überraschende Wendungen, die einzelne Charaktere plötzlich in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen, sind die Prise Salz in diesem Roman.

Wenn ich eine Hängematte hätte, würde ich sagen, dass ist der genau der Roman, den ich gern darin lesen würde. Die Seele baumeln lassen und einen Nachmittag Auszeit nehmen.


Meine Bewertung: 4 von 5 Punkten: