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Dienstag, 14. Februar 2017

Gefährliche Empfehlungen von Tom Hillenbrand


http://www.kiwi-verlag.de/buch/gefaehrliche-empfehlungen/978-3-462-04922-0/
    Erscheinungsdatum: 12.01.17
    Verlag: Kiepenheuer & Witsch
    ISBN: 9783462315981
    ebook: 320 Seiten

     Leseprobe     

    Meine Bewertung: 4 von 5 Punkten 
  Bei der Einweihung des Firmenmuseums des Guide
  Gabin in Paris wird die Leihgabe des seltenen Guide Bleu
  von 1939 gestohlen. Gastrokritikerin Valerie bittet ihren
  Freund, den luxemburgischen Koch Xavier Kieffer, um
  Hilfe. Brisant wird es, als auch der Französische Präsident
  Kieffer um ein geheimes Gespräch bittet. Auf der Suche
  nach dem Buch begibt sich Kieffer in große Gefahr, denn
  noch ahnt er nicht, dass es um mehr als nur einen
  Restaurantführer geht.

Dies ist bereits der fünfte Band des eigenwilligen Kochs Xavier Kieffer. Obwohl ich die vorherigen Bände nicht kenne, konnte ich sofort ins Lesevergnügen einsteigen.
Tom Hillenbrand
hat einen flüssigen Schreibstil, der sehr detailliert, fast schon detailverliebt, Szenen herausarbeitet. Die Mischung aus Reiseguide, Krimi und Geschichtsbuch mit kulinarischen Einschüben ist ungewöhnlich, aber gelungen. Vor allem Luxemburg und Frankreich Fans werden hier auf ihre Kosten kommen. Der Autor arbeitet mit viel Lokalkolorit, typischen Landesgerichten, Dialekt und Ortsbeschreibungen. Am Ende des Buches findet man dankenswerterweise ein Glossar über Küchenlatein, das besonders bei den ungewöhnlichen Gerichten hilfreich ist.

Zwei parallele Erzählstränge geben Einblick in das Geschehen. Die Kriegsjahre, in denen der Guide Gabin aus dem Jahr 1939 seine Schlüsselrolle erhält, werden durch die Erlebnisse eines geheim agierenden Amerikaners geschildert. Besonders die Franzosen und deren ungewohnte Mittel, dem Feind ein Schnäppchen zu schlagen, haben mir gefallen.

In der Gegenwart bereist Xavier Kieffer verschiedene Regionen, um das geheimnisvolle blaue Bauch wiederzubeschaffen. Statt einer Gourmetreise entwickelt sich seine Suche schnell zur Verfolgungsjagd, denn immer mehr dunkle Gestalten scheinen an dem Buch interessiert zu sein. Dabei gehen sie nicht gerade zimperlich vor und scheuen auch nicht vor Mord zurück. Obwohl Kieffer als Koch nun ganz und gar nicht in das Agentenmilieu passt, schlägt er sich tapfer und mit Raffinesse. Unterstützung erhält er von Pekka Vattanen, einem Freund und Stammkunden seines Restaurants in Luxemburg. Der trinkfeste finnische EU-Beamte trägt mit seinem lockeren Wortwitz sehr zum humorvollen Teil der Handlung bei.

Spannend steigert sich die Handlung zu einem lebensgefährlichen Plot mit überraschenden Elementen.

Obwohl nicht alle Szenen für mich schlüssig erklärbar sind, hat mich dieser Gourmetkrimi ungewöhnlich gut unterhalten und Lust auf einen Besuch in einem luxemburgischen Restaurant gemacht.

Sonntag, 29. Januar 2017

Herr S. bekommt Besuch von Patrick Hinz


http://www.dotbooks.de/e-book/343940/herr-s-bekommt-besuch
    Erscheinungsdatum: Dezember 2016
    Verlag: dotbooks
    ISBN: 9783958247987
    ebook: 225 Seiten

    Meine Bewertung: 4 von 5 Punkten 
   Gefühle sind etwas für Anfänger, meint jedenfalls Herr S., der
   das Weite sucht, wenn Menschen ihm zu Nahe kommen.
   Seine Verwandtschaft kennt er nur aus alten Erinnerungen
   und ist völlig überrumpelt, als sein Cousin mit seinem
   Hare-Krishna-Lächeln vor der Haustür steht und eine Bleibe
   sucht. Mit ihm kann er sich noch irgendwie arrangieren, aber
   dann klingelt es wieder und diesmal ist es seine Mutter 

   Marie, die sterbenskrank den Kontakt zu ihrem Sohn sucht.
   Lange unterdrückte Gefühle stürzen über Herrn S. herein
   und sein Schutzpanzer bekommt immer mehr Risse.

Das humorvolle Cover scheint eine leicht lockere Komödie zu versprechen, aber weit gefehlt. Patrick Hinz enthüllt sehr einfühlsam ein Kaleidoskop voller Gefühle. Man ist gefangen von der ungewöhnlichen Mischung aus Komik und Tragik. Hauptprotagonist und Ich-Erzähler Herr S. ist ein Ekel, der sich gleich zu Beginn von seiner liebenswertesten Seite zeigt. Obwohl er seine Freundin schätzt und gern mit ihr zusammen ist, trennt er sich ohne zu zögern, als diese ihm drei Worte zuflüstert. Sich selbst bezeichnet er als "Schubladiseur", der Menschen in Kategorien einteilt. Er beobachtet, zieht Schlüsse und vorverurteilt, wo er geht und steht.

Sein selbst gewählter Name "Herr S." kommt nicht von ungefähr:

"Herr S. gab mir die Distanz, die ich gegenüber anderen brauchte, innerhalb der ich klammheimlich auf Tauchstation gehen konnte, nur um aus einem toten Winkel heraus Menschen zu erforschen. Herr S. gab mir die Freiheit, Dinge zu tun, die mein altes Ich aus purem Anstand heraus nie getan hätte."


Als seine längst vergessene Mutter plötzlich in sein Leben tritt, kann er sich nicht mehr verstellen und muss sich der Vergangenheit stellen. Erinnerungen und Gedanken von Herrn S. helfen die Kluft zwischen Mutter und Sohn zu verstehen. Der als Eso-Fuzzi betitelte Cousin Pascal hilft bei der Betreuung der schwer kranken Marie und ist der ausgleichende Pol in der Handlung. Sein ungewöhnliches Auftreten sorgt für einige Schmunzelmomente.

Mehr und mehr wandelt sich der egoistische Einzelkämpfer Herr S. zum verletzten und einsamen Menschen, der er eigentlich schon immer war. Gebannt verfolgt man die Wandlung und ist bestürzt über das Schicksal, das beide verbindet. Dabei geht es ganz und gar nicht rührselig, sondern eher heftig zu. Schimpftiraden und Beleidigungen austeilend nähern sie sich nur langsam, denn jahrzehntelanges Schweigen lässt sich nicht einfach überwinden.

"Familie sind Menschen, die mich begleiten und die ich begleiten darf. Die mich bereichern und deren Leben zu bereichern ich das Privileg habe."


Die Natürlichkeit und Verletzlichkeit der Protagonisten in dieser Tragikomödie hat mir besonders gefallen. Familie ist alles andere als einfach und jeder trägt seinen Teil am Gelingen bei.

Sonntag, 21. Februar 2016

Der Bund der Zwölf von Miriam Pharo

https://www.neobooks.com/ebooks/miriam-pharo-der-bund-der-zwolf-ebook-neobooks-AVIxPEQAtJVf5Vxhoo9Z

    Erscheinungsdatum: 12.01.2016
    Verlag: neobooks 
    ISBN: 9783738054538
    ebook: 290 Seiten

    Meine Bewertung: 4,5 von 5 Punkten 

Eine unheimliche Krankheit versetzt Paris im Jahre 1926 in Angst und Schrecken. Die Methusalem-Seuche grassiert ausgerechnet in der gehobenen Gesellschaft und lässt ihre Opfer qualvoll sterben. Niemand fühlt sich mehr sicher und meidet öffentliche Orte. Nachtklubbesitzer Vincent Lefèvre steht kurz vorm Bankrott durch weniger Einnahmen. Auf die Ermittlungen der Polizei kann und will er nicht warten. Zusammen mit Klubmitbesitzerin Magali stellt er Nachforschungen an, die überraschend zum Orchester "Philharmonie der zwei Welten" führen.



Miriam Pharo entführt den Leser in das glamouröse Paris der 20er Jahre. Der bildhafte und gefühlvolle Schreibstil macht es dem Leser leicht, in die Geschichte einzutauchen. Man fühlt die besondere Stimmung und erlebt das schwungvolle Pariser Nachtleben mit all seinen Licht- und Schattenseiten. Verschiedene Handlungs- und Zeitebenen nähern sich langsam gekonnt einander an.

Der Klubbesitzer und Lebemann Vincent Lefèvre scheint das Leben zu genießen und sich wenig Gedanken über die Zukunft zu machen. Doch hinter der lockeren Fassade verbirgt sich ein sympathischer, starker und gefühlvoller Mann. Er betreibt zusammen mit Magali den Klub. Die junge Frau ist für die 20er Jahre überraschend selbstbewusst und widersetzt sich allen Konventionen. Es macht Spaß mit den beiden auf Ermittlungstour zu gehen.

Parallel dazu lernt man das Orchester "Philharmonie der zwei Welten" kennen. Maestro Menotti verpflichtet nur die besten Künstler für sein Orchester. In der kleinen stummen Anna findet er ein neues Mitglied. Die anfängliche Freude über ihre magische Klarinette hält nicht lange an, denn immer mehr wird das Spiel zur körperlichen Tortur.

Die sprachliche Umsetzung der musikalischen Eindrücke ist der Autorin besonders gut gelungen. Man fühlt sich in den Opernsaal versetzt und spürt tatsächlich die Magie der Musik. Die Vorstellung zeigt eindrucksvoll wie berauschend und gefährlich das Orchester auf seine Zuschauer wirkt:

"Wie eine riesige Spinne hockt der Konzertmeister über dem Pult und zieht die Fäden. Der sanfte Dialog zwischen Klarinette und Violine entwickelt sich zu einem wilden Gezeter. Die Celli triefen vor Gier, Bosheit liegt in der Luft. Eine einzelne Träne rinnt Annas Wange herunter."

Besonderes Flair erhält der Roman durch die Verbindung von wahren Personen (Fakir Fhakya-Khan und Sängerin Mistinguett), Orten (Pariser Katakomben) und magisch geheimnisvollen Elementen.

Selbst Nebendarsteller erhalten eigene kleine Geschichten, die sie sehr sympathisch machen. Kioskbesitzer Bébère ist ein geheimnisvoller, hilfsbereiter Mann. Ich mag tolle Nebenfiguren, die manchmal den Hauptakteuren die Show stehlen. In jedem Märchen gibt es eine gute Fee - hier in Gestalt von Bébère.

Auch wenn ein berührendes Wohlfühlende diese geheimnisvolle Geschichte abrundet, möchte man am liebsten noch länger verweilen.



Hier geht es zur Autorinnenseite: http://miriam-pharo.com/



Dienstag, 19. Januar 2016

Auf die andere Art von Phoebe Ann Miller

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    Erscheinungsdatum: 27.07.2015
    Verlag: Amrum Verlag
    ISBN: 9783958690820
    ebook: 400 Seiten

    Meine Bewertung: 3,5 von 5 Punkten 

Wie oft darf man lieben? Charlotte ist glücklich verheiratet, fühlt sich wohl im Job und hat tolle Freunde. Dominic Webster, ihr neuer Chef, ist beunruhigend charmant und aufmerksam. Aus einer anfänglichen Freundschaft entstehen neue Gefühle, die Charlotte anfänglich nicht einordnen kann. Sie liebt doch ihren Mann Jason, da ist für jemand anderen kein Platz, oder etwa doch?


Phoebe Ann Miller Phoebe Ann Miller hat einen leichten und lockeren Schreibstil. Mit ihrem Debüt hat sie einen ungewöhnlichen Liebesroman mit einer Anwaltsstory kombiniert. Hauptprotagonistin Charlotte liebt das Leben und fühlt sich rund um wohl in ihrer aktuellen Situation. Ihr Mann Jason ist ein erfolgreicher Bestsellerautor, sie besitzen ein wundervolles Haus am See, haben keine finanziellen Nöte und ihr Beruf füllt sie völlig aus. Ihr Gefühlsleben gerät aber völlig aus der Bahn, als ihr neuer Chef Dominic sie nicht nur freundschaftlich anzieht. Als zweiter Handlungsstrang wird die Arbeit von Dominic und Charlotte beschrieben. Sie arbeiten in einer Anwaltskanzlei, die sich auf hoffnungslose Fälle spezialisiert hat. Ein junger Mann wird angeklagt, seine verschwundene Freundin ermordet zu haben. Der Indizienprozess rückt näher und immer noch gibt es keine Hinweise, wo sich das Mädchen aufhalten könnte.

Man hatte manchmal das Gefühl, dass sich die Autorin nicht entscheiden konnte, ob der Mordprozess oder die Beziehungsproblematik im Vordergrund stehen sollte.

Die Darstellung der Geschichte bleibt sehr an der Oberfläche. Charlottes Zerrissenheit hätte intensiver beschrieben werden können. Die Entscheidung, wie eine Beziehung zu führen ist und die damit verbundene Problematik, ist zu einfach gelöst. Was denken und fühlen die Männer. Bis auf wenige Sätze wird weder von Eifersucht noch Ängsten gesprochen. Alles läuft viel zu glatt und Charlotte steht zu sehr im Mittelpunkt.

Die Reaktion der Mitmenschen hätte viel mehr Raum einnehmen können. Zwei Briefe, schiefe Blicke, für einen kleinen Ort sicherlich viel zu wenig Reaktion.

Das durchaus spannende Thema wird hier leider viel zu geschönt behandelt. Emotionen, Reaktionen und Probleme nur am Rande erwähnt. So bleibt es ein lockerer Frauenroman für einen gemütlichen Nachmittag. 

Samstag, 19. September 2015

Liebe, M.A. von Lina Barold




    Erscheinungsdatum: 24.08.2015
    Verlag: Feelings 
    ISBN: 9783426434123
    ebook: 435 Seiten

    Meine Bewertung: 5 von 5 Punkten 

Die Masterarbeit und ihr zukünftiges Arbeitsleben lassen Germanistik-Studentin Sira eigentlich keine Zeit für Gefühlsdinge. Doch obwohl sie von Silvan, ihrem ehemaligen Professor, getrennt ist, kehren ihre Gedanken immer wieder zu ihm zurück. Als sie sich zufällig über den Weg laufen, sind alle guten Vorsätze dahin. Leidenschaftlich, doch nicht mehr unüberlegt, hofft Sira auf eine Beziehung mit ihm. Doch auch der sympathische Erik scheint immer wichtiger für sie zu werden.


Hinter der Autorin Lina Barold verbergen sich die Literaturübersetzerin Nina Restemeier und die Kulturpädagogin Anna L. Schmidt. Ihrem unterhaltsamen, humorvollen Schreibstil, der mit einem Hauch Erotik durchsetzt ist, ist man schnell verfallen. "Liebe, M.A." ist die Forsetzung von "Studium Emotionale" und schließt direkt an die Handlung des ersten Teils an. Auch ohne Vorkenntnisse findet man sich schnell in die Handlung hinein, den vollen Lesespaß erlebt man aber erst, durch beide Teile.

Gleich im Prolog wird man von Details aus Siras Zukunft überrascht, die einem während des Lesens immer wieder durch den Kopf gehen. Man versucht die fehlenden Puzzleteile zu entdecken, ist neugierig auf die Auflösung.

Wie schon im ersten Teil ist Sira immer noch voller Leidenschaft für Goethe und dessen Werke entbrannt. Durch seine Worte findet sie Trost und Halt. Doch auch Inhalte aus populären Filmen finden hier ihren Platz. Wer Star Wars, Harry Potter u.a. kennt, wird amüsiert zwischen den Zeilen lesen.    


      "Ich reiße die Augen auf – ich bin ein Rätsel für Silvan? Na prima, dann bin ich wohl
      Bella, er ist Edward – und damit bin ich die Einzige, deren Gedanken er nicht lesen kann,
      und das macht den Reiz des Ganzen aus."



Nicht nur Sira, sondern alle Charaktere entwickeln viel Ausstrahlung, ob nun positiv oder negativ. So ist der Großunternehmer Bräuer sicherlich nicht die sympathischste Figur, er besticht aber durch seine direkte, unverschämte Art. Liebenswert sind Siras Freundinnen Ama und Vicka, die ihr tatkräftig zur Seite stehen, wenn auch nicht immer kritiklos.

Im Mittelpunkt steht Siras Gefühlschaos. Entscheidungen sind zu treffen und diesmal muss sie ganz allein ihren Weg finden. Hier geht es um mehr, als sich für einen Mann zu entscheiden.


"Es sind nicht zwei Herzen, die in meiner Brust schlagen. Es ist nur
eines, und das sieht nicht gut, es sieht in verschiedene Richtungen. Goethe ist nicht nur in meinem Kopf, in meinen Gedanken, in meinem Leben. Er ist in meinen Gefühlen. Mein Herz hat den Goethe-Blick."


Besonders gefallen hat mir der offene Umgang mit dem Begriff Liebe. Es gibt so viele Facetten und jeder muss selbst herausfinden, wie und wen er liebt.

Die Mischung aus klassischer Literatur, Blogbuster-Zitaten und Alltagssituationen ist einzigartig und macht Spaß beim Lesen.


Mehr zum Buch und den Autorinnen:

Dienstag, 18. August 2015

Das Geheimnis des Nordsterns von Karin Seemayer

https://www.books2read.de/buecher-entdecken/show/das-geheimnis-des-nordsterns
    Erscheinungsdatum: 15.07.2015
    Verlag: books2read 
    ISBN: 9783733781651
    ebook: 363 Seiten

    Meine Bewertung: 5 von 5 Punkten 

Das Meer ist die Heimat von Seemann Peer Svensson. Obwohl er die Opernsängerin Sarah liebt, verläßt er San Francisco und fährt wieder zur See. In Schweden muss er sich mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen und fürchtet sich vor den Konsequenzen. Als San Francisco durch eine Naturkatastrophe erbebt, reist Sarah ins schwedische Mollösund, um ein gemeinsames Leben mit Peer zu planen. Doch das Schicksal stellt beide auf eine harte Probe.

Karin Seemayer knüpft mit "Das Geheimnis des Nordsterns" an ihren ersten Roman "Die Sehnsucht der Albatrosse" an. Auch wenn man den ersten Band nicht zwingend gelesen haben muss, ist die Vorgeschichte des Seemanns Peer Svensson und seiner Liebe, der gefeierten Opernsängerin Sarah, einfach so schön, dass man sie unbedingt lesen sollte.

Von der ersten Seite an, spürt man, mit wieviel Herzblut dieses Buch geschrieben wurde. Der Schreibstil ist flüssig und man kann sich sofort mit dem Jahr 1904 und den agierenden Personen identifizieren. Ob es nun wunderschöne Landschaftsbeschreibungen sind, Charakterdarstellungen, das Erdbeben, das San Francisco erschüttert oder das harte Leben der schwedischen Fischer, als Leser kann man sich vielschichtige Bilder vorstellen. Die intensive Recherchearbeit der Autorin ist deutlich spürbar.

Vor allem die beiden Hauptakteure Peer und Sarah werden sehr lebendig und emotional beschrieben. Diese ungewöhnliche Liebe zwischen einem Seemann und einer Operndiva entspricht keinerlei Konventionen und wird dennoch glaubhaft dargestellt. Man leidet mit beiden, hat Verständnis und möchte sie manchmal an den Schultern schütteln. Die weite Entfernung führt zu manchen Missverständnissen und fast nicht lösbaren Problemen. Sowohl die elitäre Gesellschaft San Fanciscos als auch die schwedischen Fischerfamilien reagieren abweisend und voller Vorurteile.

Besonders gefallen haben mir die Schilderungen des Lebens auf der Insel Möllesund. Monatelang sind die Frauen der Seemänner auf sich selbst gestellt. Hoffen auf die Wiederkehr der Männer und auf einen guten Fang, um die Schulden zu begleichen. Das karge Leben und die schroffe Landschaft haben diese Menschen geprägt und starke Charaktere gezeichnet. Auch die harte Arbeit auf einem Dampfschiff als Heizer wird erschreckend realistisch geschildert. Wenn man an Dampfschiffe denkt, hat man eher romantische Vorstellungen und denkt weniger an tote Arbeiter oder mittellose Auswanderer.

Eine gelungene Fortsetzung einer außergewöhnlichen Liebe, die facettenreich, glaubwürdig und gut recherchiert, erzählt wird. 

Sonntag, 17. Mai 2015

Lausige Liebe von Linda Conrads und Alexandra Richter

http://www.droemer-knaur.de/buch/8169198/lausige-liebe

    Erscheinungsdatum: 02.03.2015
    Verlag: Knaur eBook 
    ISBN: 9783426433416
    ebook: 407 Seiten

    Meine Bewertung: 3 von 5 Punkten 

In einem Hotel in Ostfriesland wird der Frührentner Fokko Endjer ermordet aufgefunden. Kommissarin Marga Terbeek tappt im Dunkeln und muss sich auch noch um den Einbruch in einem Fischereibetrieb kümmern. Dabei kommt ihr ständig ihr Vater und Onkel Ali in die Quere. In Hamburg ermittelt Kalle Bärwolff mit seiner jungen Kollegin Yeshi in einem Fall über neugeborene Zwillinge, die tot in einer Babyklappe gefunden wurden. Kalle verliert dabei als alleinerziehender Vater seine Tochter Eliza aus den Augen. Auf St. Pauli wird diese festgenommen und es droht die Heimeinweisung.


Die beiden Autorinnen Linda Conrads und Alexandra Richter haben sich an einem neuen Format für einen Krimi versucht. So können die beiden Handlungssstränge völlig getrennt voneinander oder hintereinander weg gelesen werden. Ich habe mich für den Wechsel zwischen den Handlungsorten entschieden. So begleitet man einmal Marga Terbeek in Ostfriesland und zum anderen Kalle Bärwolff in Hamburg. Den Handlungssträngen kann man gut folgen. Lediglich Rückblicke in die Vergangenheit die in kursiver Schrift dargestellt werden, überfrachten die Handlung.

Der Schreibstil ist recht locker und umgangssprachlich gehalten. Teilweise hat mich die Sprache an Comicszenen erinnert.  

     
"In Kurts Rennwagen altere man langsamer, weil der so schnell fahren
      könne. Blablupp. Kalle hörte dem Gequassel seiner Mutter nur mit halbem

      Ohr zu. In die Bonzenkarre kriegten ihn sowieso keine zehn Pferde rein.
      Dann lieber wie ein Untoter aussehen"

So recht sympathisch konnte ich keinen der Protagonisten finden. Sowohl Marga, wie auch Kalle vernachlässigen ihr Privatleben und scheinen auch beruflich auf der Stelle zu treten. Man begegnet allen Ortes sehr speziellen Charakteren.

Interessant ist der Fall in Hamburg. Die Einrichtung von Babyklappen wirkt auf den ersten Blick positiv, zeigt aber auch, welche Probleme damit verbunden sind. Der Fall regt zum Nachdenken an und sensibilisiert den Leser.

Dieser Krimi zeigt, dass durch ebook-Technik neue Leseformen möglich sind. Die Idee finde ich reizvoll, hat mich aber bei dieser Story nicht völlig überzeugen können.

Donnerstag, 5. März 2015

Die Söhne der Wölfin von Tanja Kinkel

http://www.dotbooks.de/e-book/280267/die-soehne-der-woelfin#reviews
Erscheinungsdatum: November 2014
Verlag: dotbooks 
ISBN: 978-3-95520-839-4
ebook: 591 Seiten

Meine Bewertung: 3,5 von 5 Punkten 

Ilian, die Tochter des etruskischen Königs Numitor, wächst in Italien des 7. Jahrhunderts vor Christi Geburt auf. Von ihrem Onkel Arnth wird sie zur Priesterin bestimmt, um die Fortführung der Blutlinie zu verhindern. Als sie behauptet, von einem Gott geschwängert worden zu sein, wird sie vom Volk verstossen und in die Verbannung geschickt. Bei den Latinern bringt sie ihre Zwillinge Romulus und Remus zur Welt. Ihr von den Göttern bestimmtes Ziel, einen ihrer Söhne auf dem Thron zu sehen, verfolgt sie bedingungslos über Jahre hinweg. Lediglich der Barde Ulsna kennt ihre Schwächen und darf sie begleiten.

Tanja Kinkel hat sich mit der Umsetzung der römischen Mythologie, um die Gründer der Stadt Rom, ein hohes Ziel gesetzt. Der hervorragende Schreibstil mildert die schwere der geschichtlichen Daten. Die gut recherchierten Hintergrundinformatioenn sind für das Handlungsverständnis unverzichtbar. Trotzdem ist es der Autorin nicht gelungen mich durchgend zu fesseln.

Zum einen trifft man auf eine Hauptakteurin, die durch ihre Charaktereigenschaften eher unsympathisch und abweisend wirkt. Ilian bleibt bis zum Schluss undurchschaubar. Eine Figur, die ihre echten Gefühle nicht preisgibt und deren Entscheidungen vermeintlich von den Göttern gesteuert sind.
Zum anderen ist für mich der Götterkult der verschiedenen Völker sehr verwirrend gewesen. Das mag an meiner Unwissenheit zu diesem Thema liegen, aber auch an der Schnelligkeit, in der man zwischen Latinern, Griechen, Etruskern und Ägyptern wechselt.

Ulsna, der Barde leidet als Hermaphrodit. Auch dieser Protagonist ist sehr diffizil einzustufen. Von den Etruskern verfolgt, den Griechen geduldet und den Ägyptern bewundert, führt er ein Leben voller Angst und Zweifel. Obwohl Ilian ihn mehr benutzt als ihn als Freund ansieht, bleibt er an ihrer Seite.

So sehr man sich auch bemüht, man bekommt die Personen dieser Geschichte nicht zu fassen. Romulus und Remus, mit denen kann man etwas anfangen. Weit gefehlt. Von ihrer Mutter verlassen und bei einem latinischen Bauern aufgewachsen, gerät ihre Welt ins Wanken, als Ilian plötzlich wieder auftaucht. Verbissen und hoffnungslos kämpfen beide auf unterschiedliche Weise um die Anerkennung der Mutter, um sich am Ende aneinander aufzureiben.

Eine schicksalhafte dramatische Geschichte, mit charakterstarken Akteuren, die mich leider nicht begeistern konnte.

Fans von antiken Geschichten und Mythologien werden sicherlich mehr Gefallen finden.

Donnerstag, 15. Januar 2015

PHOENIX - Unsere Rache wird euch treffen von Matthias Jösch

http://www.dotbooks.de/e-book/283144/phoenix-unsere-rache-wird-euch-treffen

Erscheinungsdatum : 16.12.2014
Verlag: dotbooks Verlag 
ISBN:9783955206789
E-Buch Text: 557 Seiten

Meine Bewertung: 5 von 5 Punkten 

Ein ungewöhnliches Telefonat zwischen Südamerika und Österreich wird vom Geheimdienst Mossad aufgezeichnet. Shari, eine junge Agentin, versucht aus den Sprachfetzen "Schellackplatte und Nibelunc" eine Verbindung herzustellen und stößt auf eine internationale Verschwörung, die ihre Wurzeln weit in der deutschen Vergangenheit liegen hat. Die mysteriöse Platte ist in den Besitz des BND-Mitarbeiters Adrian von Zollern gekommen, der nicht ahnt, welches Geheimnis sein Sammelstück verbirgt. Schon bald sind ihm skrupellose Killer auf den Fersen; eine Jagd rund um den Erdball beginnt, die ungeahnte weltumspannende Auswirkungen hat.
 

Matthias Jösch hat einen mitreißenden, schnellen Schreibstil, der den Leser kaum zu Atem kommen läßt. Von Anfang an wird eine Spannung aufgebaut, die bis zur letzten Seite beibehalten wird. Gekonnt werden falsche Spuren gelegt, vermeintliche Täter und Theorien präsentiert. Man ist förmlich ein Teil des Ermittlungsteams, hat aber den Vorsprung, die Vergangenheit anhand von Tagebucheinträgen aus den Jahren 1940 bis 1960 eines geheimnisvollen verblendeten Nazifanatikers zu kennen.

Spannend ist die Suche der sympathischen und glaubhaft beschriebenen Protagonisten nach dem Geheimnis der Organisation. Kleinen Puzzleteilen gleich, werden Fundstücke zusammengefügt, die Unglaubliches zu Tage bringen.

Die brutale Macht einer grausamen Organisation wird schonungslos beschrieben. Es werden viele Morde verübt, die nichts für zartbesaitete Leser sind. Die detaillierten Mordbeschreibungen und die eiskalte Vorgehensweise der Täter zeigt ihre menschenverachtende Einstellung.

Besonders bewegt haben mich die Tagebuchaufzeichnungen, die die dunkelsten Zeiten des Dritten Reichs aufleben lassen. Als Augenzeuge berichtet der Schreiber u.a. von seinen Erlebnissen in Auschwitz

Zitat:
"Das Aschenputtel-Prinzip: die Brauchbaren ins Töpfchen,
die Schlechten ins Kröpfchen!"

Die Kälte, die aus diesen Zeilen spricht, hat mich tief getroffen. Die Beschreibung der Szenerie war so lebendig, so nah, dass ich eine Lesepause einlegen musste.

Allein der Gedanke, dass so etwas wirklich wieder passieren könnte, ist erschreckend und rüttelt wach.

Ein toller Thriller der Spannung und Geschichtliches gekonnt verbindet.

Mittwoch, 14. Januar 2015

Quergefönt von Franco Bollo

http://www.netnovela.de/franco-bollo

Erscheinungsdatum : 29.06.2014
Verlag: Netnovela 
ISBN: B00LEVTRTE
E-Buch Text: 152 Seiten

Meine Bewertung: 3 von 5 Punkten 


Das Leben könnte so schön sein, wenn nur die Geschäftsidee von Murat und dem Ich-Erzähler funktionieren würde. Gemeinsam eröffnen die beiden einen Sonderpostenladen, dabei schuftet der türkischstämmige Murat und Ich gibt schlaue Anweisungen. Gescheitert und pleite zieht es die beiden aufs Land in eine Kurklinik. Ihr Versprechen "niemals zu heiraten" gerät dabei mächtig ins Wanken und scheint auch die Freundschaft zu zerstören.
 

Franco Bollo hat ein Buch über aberwitzige Situationen rund um zwei grundverschiedene Männer geschaffen. Eine durchgehende Handlung ist dabei nur schwer zu erkennen. Kuriose Situationen reihen sich aneinander und werden mit teilweise derben Wortschöpfungen ausgefüllt. Der durchaus vorhandene Sprachwitz geht leider manchmal mit dem Autor durch. Manche Passagen müssen erst einmal verkraftet werden.

Zitat: "Ich will ihn jagen und reißen wie der Wolf das Lamm, aber meine Beine
schlurfen nur müde über den Boden, als habe mir ein abhängiger und hagerer
Anästhesist seine Tagesdosis Fentanyl verabreicht. Krachend falle ich gegen die
hölzerne Laube und rutsche an ihrer Nordwand herunter, erboste Späne
schlagen mir in den Rücken."

Der Ich-Erzähler ist so unsympathisch und rücksichtslos gegenüber seinem Freund Murat, dass man beim Lesen richtig ärgerlich werden kann. In jeder Situation versucht er besser dazustehen und Murat schlecht zu machen.

Murat dagegen fragt nicht lang, sondern packt an. Wo renoviert, repariert oder gerettet werden muss, ist er zur Stelle. Selbst wenn ICH ihn beleidigt, hält er das aus. Doch wenn es um Frauen geht, läßt er sich nichts gefallen und so kommt es wie es kommen muss, die beiden streiten sich.

Mir kam es vor, wie ein Waschmaschinenprogramm auf Hochtouren. Mir wäre der Schongang mit leichter Drehzahl lieber gewesen.

Samstag, 10. Januar 2015

Tödliches Lächeln: Ein Fall für Lars Behm von Jalda Lerch

http://midnight.ullstein.de/ebook/toedliches-laecheln-ein-fall-fuer-lars-behm/

Erscheinungsdatum : 10.10.2014
Verlag:Midnight 
ISBN:9783958190146
E-Buch Text: 319 Seiten

Meine Bewertung: 4 von 5 Punkten 


Kriminalhauptkommissar Lars Behm hat gerade einen privaten wie beruflichen Tiefpunkt erreicht. Nichts läuft wie es soll. Da kommt ihm der Tod einer jungen Frau gerade recht. Aber war der Sturz vom Balkon eines Berliner Mietshauses nun Unfall, Selbstmord oder Mord? Die anfänglich so harmonisch wirkenden Mietshausbewohner zeigen nach und nach ihr wahres Gesicht. Doch ein Motiv kann Behm einfach nicht finden, bis ihm ein Film auf die Sprünge hilft.
 

Jalda Lerch hat einen Berlinkrimi geschrieben, der das alltägliche Stadtleben mit all seinen Facetten beleuchtet. Der Ermittler ist selbst von Problemen gebeutelt. Kämpft mit Übergewicht, Mutterkonflikten und einem fünfjährigen Sohn, den er zum ersten Mal treffen soll. Genau das läßt ihn so natürlich und sympathisch wirken.

Der Tatort liegt am früheren Ost/West-Streifen. Zugereiste, Migranten und Alteingesessene versuchen miteinander auszukommen. Doch die anfängliche Harmonie zerfällt, je intensiver sich Lars Behm mit den Bewohnern beschäftigt.
Ohne erhobenen Zeigefinger und Schubladendenken wird hier mit viel Feingefühl und feinen Nuancen das Leben der Menschen betrachtet.
Viele Ortsangaben sind sehr detailliert beschrieben worden. Für Berliner sicherlich gut nachvollziehbar. Mich haben die unterschiedlichen Straßenangaben, z.B. auf der Fahrt zu einer Befragung, eher verwirrt.

Gekonnt werden verschiedene Szenarien in die Handlung integriert, um mehrere Tatverdächtige ins Spiel zu bringen.
Jedes Mal, wenn man sich sicher ist, die Lösung zu wissen, kommt ein neues Puzzleteil dazu und man fängt wieder von vorn an zu rätseln. Ähnlich geht es dem Kriminalkommissar, der schließlich durch den Film "Black Swan" das letzte Puzzlesteinchen findet.

Ein Regionalkrimi mit leisen Tönen und einem unerwarteten Motiv.



Freitag, 9. Januar 2015

[identität] von Christian Lorenz

http://midnight.ullstein.de/ebook/identitaet/

Erscheinungsdatum : 11.07.2014
Verlag:Midnight 
ISBN:9783958190016
E-Buch Text: 196 Seiten

Meine Bewertung: 3 von 5 Punkten 


Das ruhige Landleben ist plötzlich dahin, als Thomas bei der Netz-Piratin Minke auftaucht. Erinnerungslos, wortkarg und robotergleich tritt er auf. Lediglich die Arbeit im Garten und Wald scheint ihn auszufüllen. Zusammen mit Förster Herzel kann Minke die Identität von Thomas festsstellen. Das Wissen über seine Entführung, den Identitätswechsel und Medikamentenversuche, bringen alle Beteiligten in große Schwierigkeiten.
 

Christian Lorenz hat einen fesselnden und ungewöhnlichen Schreibstil. Der angekündigte anspruchsvolle Thriller wirkt auf mich aber eher wie ein dramatischer Zukunftsroman mit spannenden Einschüben. Teilweise verliert sich der Autor zu sehr in Detailbeschreibungen. Wandert vom Hauptthema weg hin zu Ökoaktivisten, Politmafiosies und Landschaftsbildern, die einem Naturroman-Liebhaber Freude bereitet hätten.

Fast schon einer Dystopie gleich wird Deutschlands Zukunft düster und bedrohlich geschildert. Der Überwachungsstaat bietet wenig Spielraum. Städte wirken verwahrlost und bedrohliche Gestalten prägen das Straßenbild. Lediglich das Leben auf dem Land wirkt erstrebenswert. Hier scheint die Zeit stehengeblieben zu sein.

Die Akteure sind glaubhaft geschildert, doch bleibt beim Lesen eine gewisse Distanz. Hauptakteur Thomas wirkt bis zum Schluss für mich unnahbar. Sein Schicksal zeigt, wie sehr man sich im System verlieren kann.

Mich hat der Roman nicht genug fesseln können. Zu sehr habe ich mich zwischendurch gefragt, wo der Schwerpunkt der Handlung liegen soll. Das Thema "Wie wichtig ist zukünftig die eigene Identität" an sich ist sehr interessant, hätte aber mehr in die Tiefe gehen müssen.

Montag, 3. November 2014

Meine Schwester, die Hummelkönigin von Patrizia Zannini

Nie wieder wollte Ally, die erfolgreiche Journalistin aus Los Angeles, zurück in ihren Heimatort. Als sie zur Beerdigung ihrer Mutter fährt, soll es nur für zwei Wochen sein, um alles zu regeln. Doch sie merkt schnell, dass die Vergangenheit sie mehr als nur einholt. Der Grund ihrer damaligen Flucht scheint nur ein Vorwand gewesen zu sein, um vor der Belastung durch ihre "andere" Schwester, flüchten zu können. Je länger sie Zeit in Bear Isle im Haus ihrer Mutter verbringt, desto mehr gerät ihre bisherige Welt ins wanken. Sie muss sich endlich mit ihrer Schwester auseinandersetzen und sich lange unterdrückten Gefühlen stellen.

Patrizia Zannini hat einen wundervoll gefühlvollen Roman geschrieben. Man fühlt sich mitten in den Indian Summer in Maine versetzt, spürt die warmen Sonnenstrahlen und die raschelnden Blätter.

Zitat: "Ich liebte dieses kurze Intermezzo zwischen dem Sommer und dem
langen Winter, den Geruch der frischen, sauberen Luft, das Geräusch der
Blätter."
Die Geschichte zweier völlig unterschiedlicher Schwestern bewegt und regt zum Nachdenken an. Emma wurde den Menschen von ihrer Mutter immer nur als "sie ist anders" vorgestellt. Ihre Mutter hat für sie gedacht, ihr ein lebenlang alle Hindernisse aus dem Weg geräumt und entschieden, was gut für sie ist. Mit dem Tod der Mutter ändert sich dies schlagartig.
Was anfänglich als gut und richtig erscheint, wird im Laufe des Romans in Frage gestellt. Denn Emma hat Talente, die lange im Verborgenen geblieben sind, weil man ihr einfach zu wenig zugetraut hat.

Ally dagegen fühlte sich immer in den Hintergrund gedrängt. Alles drehte ich um ihre Schwester. Die Enge und die Vertrautheit der Bewohner des kleinen Ortes haben ihr vermeintlich keine Luft zum Atmen gelassen. Erst nach ihrer Rückkehr nach Bear Isle lernt sie die Natürlichkeit ihres Heimatortes schätzen. Die Oberflächlichkeit ihres bisherigen Lebens wird ihr dadurch nur allzu deutlich.

Die zur Handlung gehörende Liebesgeschichte ist nett zu lesen, wäre aber nicht notwendig gewesen, um diesen Roman glänzen zu lassen. Vielmehr sind es die leisen, kleinen Details, wie die besondere Beziehung des indianisch stämmigen kleinen Mädchens zu Emma oder das Streicheln eines Hummelkörpers, der die Verbindung der Schwestern stärkt (hier ist Emma die Starke, die Ally Vertrauen und Sicherheit gibt).

Fazit: In jedem von uns stecken Fähigkeiten, die man vielleicht nie oder nur durch einen Zufall entdeckt


Meine Bewertung: 4 von 5 Punkten:

Donnerstag, 23. Oktober 2014

Uni-Sex: Studium emotionale von Lina Barold

http://www.droemer-knaur.de/buch/8003256/uni-sex-studium-emotionale

Erscheinungsdatum : 16.05.2014
Verlag: Knaur eBook 
ISBN:9783426433003
E-Buch Text: 411 Seiten

Meine Bewertung: 5 von 5 Punkten 

Für Germanistik-Studentin Sira plätschert das Leben so dahin. Ihre Beziehung läuft gut, aber unspektakulär. Erfolgreich meistert sie ihr Studium und mit ihren Freundinnen verbringt sie die Freizeit. Durch den Gastprofessor Silvan Heinrich von Lengenfeld ändert sich alles. Plötzlich steckt Sira in einer Affäre, die sie eigentlich nicht wollte. Alles dreht sich nur noch um Silvan und seine bizarren Spielchen, die ihr Leben völlig auf den Kopf stellen.
 

Hinter der Autorin Lina Barold verbergen sich die Literaturübersetzerin Nina Restemeier und die Kulturpädagogin Anna L. Schmidt. Sie haben diesen wundervollen Academic-Romance-Roman geschaffen, den man einfach nicht mehr aus der Hand legen kann. Der Schreibstil ist flüssig, unterhaltsam und lebendig.

Die Charaktere werden sehr bildlich und lebendig beschrieben. Dabei darf man sich nicht zu schnell festlegen, denn in feste Schubladen passt hier keiner. Wer am Anfang oberflächlich und egoistisch erscheint, entpuppt sich als herzensgut und gefühlvoll.
Ein Wechselbad der Gefühle ist vorprogrammiert. Nichts ist so wie es scheint und es bleibt auch bis zur letzten Seite hin spannend und unvorhersehbar.

Was mir besonders gefallen hat ist Siras Begeisterung für Goethe und dessen Werther. Wer meint, dass dieser alte Schinken in einer modernen Story nichts zu suchen hat, der hat weit gefehlt.
Die Verbundenheit zwischen Sira und Silvan zeigt sich in ihrer gemeinsamen Liebe zu diesen alten Meistern und ihr Verständnis, es in der Gegenwart umzusetzen. Die erotischen Szenen unterstreichen dies noch und passen gut in die Handlung.

Auch Gotthold Ephraim Lessings Drama Emilia Galotti spielt eine wichtige Rolle:

"Plötzlich habe ich keine Lust mehr, emiliamäßig - oh Gott, der Prinz hat mich angesprochen - verängstigt auf den Boden zu starren..."

"Bin ich gegenüber Lengenfeld eine defensive Emilia, ein kleines Mädchen, das sich vorm bösen Wolf versteckt, oder reiße ich mich zusammen und gehe erwachsen mit der Situation um?"
Die Zitate zeigen, dass man sich nicht unbedingt mit den Original-Werken auskennen muss, um die Zusammenhänge zu verstehen.


Viel zu schnell war das Buch durchgelesen und dann auch noch ein offenes Ende. Es passt aber gut, zu geheimnisvollen Atmosphäre der Handlung.

Man darf ja auf die Fortsetzung hoffen.

Ich kann es auf jeden Fall gar nicht abwarten und spreche eine gern gegebene Leseempfehlung aus.!!!